Unternehmer Musk startete erfolgreich die weltweit stärkste Rakete. Damit könnte die Ära der Raumfahrtspedition beginnen. Auch andere Milliardäre bringen sich in Stellung.
Cape Canaveral. So ganz wohl war Elon Musk nicht. Der Milliardär und Unternehmer ist bekannt für seine ehrgeizigen Projekte wie die Tesla-Elektroautos oder den geplanten Bau von unterirdischen Röhren mit Hochgeschwindigkeitszügen. Doch als Musk am Dienstag am Weltraumbahnhof Kennedy Space Center in Florida auf seine Falcon Heavy blickte, überkamen ihn Zweifel an der stärksten Rakete der Welt, wie er später eingestand: Er rechnete mit einer riesigen Explosion.
Musks Sorgen waren unbegründet. Die Falcon Heavy legte einen Bilderbuchstart hin und eröffnete ein neues Kapitel der Raumfahrt, in dem Privatunternehmen und nicht mehr Staaten den Ton angeben und das Amerika wieder von der Eroberung ferner Welten träumen lässt.
Sieben Jahre nach dem Ende der Space Shuttles und fast ein halbes Jahrhundert nach der ersten Mondlandung löst die in den vergangenen Jahren als teuer und überflüssig kritisierte Raumfahrt plötzlich wieder Begeisterung aus.
David Bowie war auch dabei
Zu den Erfolgen des Tages gehörte die saubere Punktlandung von zwei wiederverwendbaren Zusatztriebwerken. Ein dritter sogenannter Booster zerbrach beim Aufprall auf dem Meer, doch das konnte die Freude von Musks Raumfahrtunternehmen SpaceX über den gelungenen Einstand für die Falcon Heavy nicht trüben.
Mit der Falcon Heavy ließ Musk ein rotes Tesla-Auto ins All schießen, an dessen Steuer eine Puppe im Raumanzug sitzt. Dazu lief David Bowies Lied „Life on Mars“. Auf dem Monitor am Armaturenbrett erschien der Satz „Keine Panik!“, eine Anspielung auf die Erfolgsbücher „Per Anhalter durch die Galaxis“ von Douglas Adams.
Auto, Puppe, Bowie-Hit und der Adams-Spruch könnten nun möglicherweise einige Millionen Jahre in einer Bahn zwischen Mars und Jupiter unterwegs sein. Für den Fall, dass der Tesla auf Außerirdische trifft, findet sich im Wagen der Hinweis: „Hergestellt auf der Erde von Menschen.“ Fotos des roten Roadster vor der Erdkugel, die aus der Umlaufbahn auf die Erde gefunkt wurden, sind nicht nur gute Werbung für Musks Tesla-Firma. Die Bilder stehen für etwas, das der Raumfahrt in den vergangenen Jahren gefehlt hat und für Begeisterung sorgt: „Etwas albern und lustig“ sei die Sache mit dem Roadster schon, sagte Musk, aber: „Alberne und lustige Dinge sind wichtig.“
Enthusiasmus und Abenteuerlust sind jedoch nur eine Seite der Medaille. Der aus Südafrika stammende Musk will Geld verdienen. Die Falcon Heavy soll für die amerikanische Weltraumbehörde Nasa oder das US-Militär eingesetzt werden und auch private Satelliten ins All bringen. Die neue Rakete kann 70 Tonnen Ladung für 90 Millionen Dollar in eine Erdumlaufbahn transportieren. Damit ist Musks Firma wesentlich billiger als etwa die Nasa, die laut einem „Guardian“-Bericht für Transporte in ihrer eigenen geplanten Großrakete eine Milliarde Dollar pro Flug verlangen will. Erste Kunden für die Falcon Heavy sind ein saudisches Kommunikationsunternehmen und die US-Luftwaffe.
Privatunternehmen statt staatliche Institutionen geben der neuen Ära ihre Impulse. Auch andere Milliardäre wie Amazon-Chef Jeff Bezos oder Virgin-Gründer Richard Branson träumen vom großen Geschäft mit der Raumfahrt. Musk sagte dazu, er freue sich auf das neue „Wettrennen im All“, das anders als der vom Kalten Krieg geprägte Wettlauf zum Mond in den 1960er-Jahren nicht von Großmächten, sondern von reichen Unternehmern ausgetragen wird: „Wettrennen sind aufregend.“
Musk will sich dabei nicht mit der Rolle eines Raumfahrtspediteurs begnügen. Er strebt nach Höherem – der Besiedlung von Mond und Mars. Außerdem spielt er mit dem Gedanken, seine Raketen für Fernreisen auf der Erde mit Umweg über das All einzusetzen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.02.2018)