Martin Schulz: Von 100 auf 0 in elf Monaten
Im März 2017 wird Martin Schulz mit 100 Prozent zum SPD-Chef gewählt. Nicht ganz ein Jahr später entzieht ihm die Partei vollends das Vertrauen. Ein Auf- und Abstieg in Bildern.

Selten ist ein Politiker so steil aufgestiegen und kurz darauf wieder so tief gefallen wie Martin Schulz. Am Freitag verkündete der 62-Jährige seinen Verzicht auf das Amt des Außenministers, das er erst zwei Tage zuvor für sich reklamiert hatte. Zudem will er nach dem SPD-Mitgliedervotum den Parteivorsitz an Fraktionschefin Andrea Nahles abgeben. Ein Überblick über eine beispiellose Berg- und Talfahrt:
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Schulz ist der neue Hoffnungsträger der SPD. Er wird auf einem Sonderparteitag der SPD bejubelt und mit 100 Prozent zum neuen Vorsitzenden gewählt. "Ich glaube, dass dieses Ergebnis der Auftakt zur Eroberung des Kanzleramtes ist", sagt Schulz. Sein Vorgänger Sigmar Gabriel hatte Schulz zuvor selbst als neuen Parteichef und Kanzlerkandidaten vorgeschlagen. Schulz hatte davor als Europapolitiker Karriere gemacht. Im November 2016 kündigte er an, seinen Posten als EU-Parlamentspräsident aufzugeben und nach Berlin zu wechseln.
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Die Landtagswahl im Saarland ist der erste Rückschlag für Schulz: Die SPD und ihre Spitzenkandidatin Anke Rehlinger (im Bild) bleiben mit 29,6 Prozent hinter den eigenen Erwartungen zurück. CDU-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer wird klar wiedergewählt, die SPD wird Juniorpartner in der Landesregierung.
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Nach den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und vor allem Nordrhein-Westfalen ist die Schulz-Euphorie endgültig verflogen. Bei der Wahl im Norden sacken die Sozialdemokraten am 7. Mai auf gut 27 Prozent ab und liegen fünf Prozentpunkte hinter der CDU. Das bisherige Regierungsbündnis der SPD mit den Grünen und dem Südschleswigschen Wählerverband (SSW) verliert im Kieler Landtag die Mehrheit. Nur eine Woche später folgt für Schulz die schwerste Schlappe in seinem Wahlkampf. Im SPD-Stammland Nordrhein-Westfalen (rechts im Bild Spitzenkandidatin Hannelore Kraft) rutscht die SPD am 14. Mai auf einen historischen Tiefstand von 31,2 Prozent. Die rot-grüne Regierung in Düsseldorf wird abgewählt.
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Die SPD kassiert mit nur noch 20,5 Prozent der Stimmen auch bei der Bundestagswahl eine historische Niederlage. Spitzenkandidat Schulz kündigt an, dass die Sozialdemokraten in die Opposition gehen werden. Parteichef will er aber bleiben. Nur einen Tag nach der Wahl versichert er: "In eine Regierung von Angela Merkel werde ich nicht eintreten."
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Auch nach dem Scheitern der Sondierungsgespräche zur Bildung einer Jamaika-Koalition aus Union, FDP und Grünen bleibt die SPD-Spitze um Schulz zunächst bei ihrem Nein zur Großen Koalition. "Wir halten Neuwahlen für den richtigen Weg", sagt der SPD-Chef. Am 23. November dann ein entscheidendes Gespräch bei Parteifreund, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (im Bild).
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Schulz wird trotz der Niederlage bei der Bundestagswahl auf einem Parteitag mit knapp 82 Prozent der Stimmen als SPD-Vorsitzender wiedergewählt. Die Sozialdemokraten zeigen sich zudem zu ergebnisoffenen Gesprächen mit der Union bereit. Kurz darauf spricht sich der SPD-Vorstand für Sondierungsgespräche mit der Union aus.
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Union und SPD gelingt bei den Sondierungsgesprächen ein Durchbruch - im Bild: Seehofer (CSU), Merkel (CDU) und Schulz, der einem SPD-Sonderparteitag die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen empfehlen will. Doch der Widerstand in der Partei ist groß, vor allem die Jusos sträuben sich.
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Ein SPD-Sonderparteitag macht den Weg für Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU frei. Allerdings ist die Mehrheit mit 56 Prozent knapp. Später heißt es vielfach, dass vor allem eine leidenschaftliche Rede von Fraktionschefin Nahles (im Bild links) die Zustimmung sicherte.
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Nach der Einigung auf einen Koalitionsvertrag mit CDU und CSU kündigt Schulz an, sich als Parteichef zurückziehen und als Außenminister in ein schwarz-rotes Kabinett eintreten zu wollen. An die Parteispitze soll Fraktionschefin Nahles rücken.
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Schulz reagiert auf die Kritik aus den eigenen Reihen an seinen Außenminister-Ambitionen. Vollem Amtsinhaber Sigmar Gabriel hatte mit seiner Unmutsbekundung ordentlich Wirbel in die Partei gebracht. (Im Bild Gabriel und Schulz auf einem Archivbild aus dem Dezember 2015) Schulz erklärt seinen Verzicht auf den Posten, um durch die Debatte um seine Person das SPD-Mitgliedervotum zum Koalitionsvertrag nicht zu gefährden.
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