Das Streichen von Subventionen für fossile Energie steht seit Jahrzehnten auf der Agenda der Umweltpolitik. Nun zeigt sich allerdings, dass der Effekt nur sehr gering ist.
Bei allen Plänen zur Senkung der Treibhausgas-Emissionen spielt stets die Abschaffung der Subventionen für fossile Energieträger eine zentrale Rolle – 2015 wurden die Verbraucherpreise von Erdöl, Erdgas und Kohle weltweit mit 330 Mrd. Dollar gestützt. Die Idee dahinter: Ohne Subventionen würden die Preise steigen, dadurch würde zum einen der Verbrauch von Fossilenergie sinken, zum anderen hätten alternative Energieträger mehr Chancen.
Diese Argumente klingen einleuchtend. Doch wie sich nun zeigt, halten sie leider nicht, was sie versprechen. Unter der Leitung von Jessica Jewell, die am Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg tätig ist, wurde mithilfe mehrerer Szenarien bewertet, wie groß die Effekte eines Förderstopps für Fossilenergie sind. Das Ergebnis ist ernüchternd: Der CO2-Ausstoß würde nur um ein bis fünf Prozent sinken – viel weniger als erwartet. Überdies würde der Anteil an erneuerbarer Energie kaum steigen (Nature 554, S. 229).
Dafür gibt es mehrere Ursachen: Weil Erdöl und Erdgas die höchstsubventionierten fossilen Energieträger sind, würde ein Ende der Preisstützungen zu einer Substitution durch die billigere Kohle führen – mit höheren CO2-Emissionen. Ein zweiter Grund: Wenn öl- und gasproduzierende Länder (wo die Subventionen hoch sind) die Förderungen streichen würden, würde der Inlandsverbrauch sinken, größere Mengen würden auf den Weltmarkt kommen, was die Preise sinken und die Nachfrage steigen ließe. Überdies würde die Abschaffung der Förderungen ärmere Bevölkerungsschichten besonders hart treffen – diese könnten dann von modernen, vergleichsweise sauberen Energieträgern (etwa Gas) wieder zu ihren traditionellen und schmutzigen (etwa Torf) zurückkehren.
Die Realität ist also viel komplexer, als es das einfache Denkmodell suggeriert. Die Studienautoren betonen freilich, dass es trotzdem sinnvoll sei, die Subventionen für Fossilenergie abzubauen – dass aber flankierende Maßnahmen gesetzt werden müssten. Und dass andere Maßnahmen zur Emissionsreduktion verstärkt werden müssten.
Zusätzlich zu diesem Ergebnis gibt es einen weiteren, einen grundsätzlichen Aspekt der Studie, der nachdenklich macht: Es zeigte sich nämlich, dass die alte Forderung des Subventionsstopps für Fossilenergie noch niemals im Detail durchgerechnet wurde! Man muss sich nun ernsthaft fragen, ob nicht auch andere logisch klingende politische Forderungen auf ähnlich tönernen Füßen stehen . . .
Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist Chefredakteur des „Universum Magazins“.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.02.2018)