Einen Tag im Amt: Türkei ermittelt gegen neue HDP-Chefin

Am 11. Februar wurde Pervin Buldan zur Ko-Vorsitzenden der HDP gewählt.
Am 11. Februar wurde Pervin Buldan zur Ko-Vorsitzenden der HDP gewählt.imago/ZUMA Press
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Wegen Kritik an der türkischen Offensive gegen kurdische Einheiten in Afrin eröffnet die türkische Justiz ein Verfahren gegen die neue HDP-Chefin Pervin Buldan.

Die türkische Justiz hat Ermittlungen gegen die neue Vorsitzende der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP eingeleitet. Nur einen Tag nach ihrer Wahl zur Ko-Vorsitzenden der HDP eröffnete die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen Pervin Buldan, wie die amtliche Nachrichtenagentur Anadolu am Montag meldete. Grund sei ihre Kritik an der türkischen Offensive gegen die syrischen Kurden in Afrin.

Außer gegen Buldan wird auch gegen den HDP-Abgeordneten Sirri Süreyya Önder wegen "Terrorpropaganda", "Volksverhetzung" sowie der "Verherrlichung von Verbrechen" ermittelt. Die türkische Regierung geht seit Beginn der Militäroffensive in Afrin mit großer Härte gegen Kritiker vor. Wie das Innenministerium am Montag mitteilte, wurden bisher 666 Menschen wegen kritischer Äußerungen oder Protesten festgenommen.

Der "hohe Preis" der Kritiker der "Operation Olivenzweig"

Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte gleich zu Beginn der Offensive gewarnt, Kritiker würden "einen hohen Preis zahlen". Nach Angaben der HDP wurden seit Beginn der "Operation Olivenzweig" am 20. Jänner mehr als 350 ihrer Mitglieder in Haft genommen. Die HDP hat sich als einzige Partei offen gegen die Offensive gestellt und auch auf dem Parteitag am Sonntag ihre Kritik an der türkischen "Invasion" erneuert.

Die kemalistische CHP hat sich dagegen hinter das Vorgehen der Regierung gestellt. Ihr Vorsitzender Kemal Kilicdaroglu bekräftigte in einem Interview mit der Zeitung "Hürriyet" seine Unterstützung für den Einsatz gegen die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) im syrisch-türkischen Grenzgebiet, warnte aber vor einem Vorstoß auf die Regionalhauptstadt Afrin oder einer Ausdehnung der Offensive auf die Stadt Manbidsch.

"Warum sollte man in das Zentrum einer Stadt mit 500.000 Einwohnern eindringen? Wie kann man dort Terroristen von anderen unterscheiden? Es kann ein Blutbad geben, wenn wir in das Stadtzentrum vordringen", warnte Kilicdaroglu. Zudem mahnte er, die vollständige Beseitigung des "Terrorismus" in ganz Syrien sei nicht die Aufgabe der Türkei. "Die Leben unserer Soldaten sind nicht wertlos", sagte er.

Erdogan ortet kurdische Bedrohung

Die Türkei betrachtet die Präsenz der YPG an der Grenze als Bedrohung, da sie eng mit der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) verbunden ist, die seit Jahrzehnten gegen den türkischen Staat kämpft. Für Ankara ist die YPG ebenso wie die PKK eine Terrororganisation. Die USA dagegen sehen die YPG als Verbündeten im Kampf gegen die Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS).

Bei ihrer Offensive in Afrin stößt die türkische Armee auf massiven Widerstand. Allein am Samstag wurden elf türkische Soldaten getötet, bis Montag verlor das Militär nach Zählung der Nachrichtenagentur AFP 33 Soldaten, zudem wurden dutzende Kämpfer verbündeter syrischer Rebellen getötet. Die Armee gibt an, seit Beginn der Offensive 1369 YPG-Kämpfer getötet, verletzt oder gefangen genommen zu haben.

(APA/AFP)

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