Der Originaltext des Strache-Interviews mit "Politika"

Die Zeilen, die ein Mitarbeiter von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache als schriftliches Interview der serbischen Zeitung "Politika" übermittelte, sorgen international für Aufsehen.

Das Interview mit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache erschien am Sonntag (11.2.) in serbischer Übersetzung in der serbischen Tageszeitung "Politika". Der serbische "Politika"-Redakteur Milenko Pešić beteuerte gegenüber der „Presse“, dass er an den Antworten aus Straches Büro nichts geändert habe. Das umstrittene Zitat fällt in der Antwort auf die vierte Frage. Die "Presse" gibt hier die unveränderte Version des Textes wieder - so wie von "Politika" übermittelt.

Sehr geehrter Herr Strache, Sie kommen nach Serbien zehn Tage nach dem offiziellen Besuch von Präsident Aleksandar Vucicin Wien. Während seines Besuches ist eingeschätzt worden, dass die beiden Länder ausgezeichnete bilaterale Beziehungen haben. Welche Botschaft bringen Sie nach Belgrad, da Sie wiederholt ausgesagt haben, dass es ohne die Serben keine Stabilität auf dem Westbalkan gibt.

Serbien ist zweifellos eines der wichtigsten Länder in der Region und ein Garant für Frieden und Stabilität. Die Beziehungen Österreichs mit Serbien sind schon jetzt sehr gut und müssen in Zukunft weiter ausgebaut und vertieft werden.

Die Europäische Kommission hat eine Strategie für den Westbalkan verfasst. Wird Serbien bis zum Jahr 2025 alle Anforderungen erfüllen können und ein Mitglied der EU werden? Welche Unterstützung kann von Österreich aus erwartet werden?

Ich denke, dass Serbien im Hinblick auf die EU-Mitgliedschaft auf einem sehr positiven Weg ist. Österreich wird diesen Weg freundschaftlich begleiten. Wir wollen am Westbalkan Aussöhnung, Demokratie, Wohlstand und Stabilität fördern. Der EU-Beitrittsprozess ist das beste Mittel dafür. Es liegt ja auch in unserem Interesse, dass Serbien eine konkrete und glaubwürdige EU-Beitrittsperspektive besitzt.

Nach dem Gespräch mit dem Bundespräsidenten Herrn Alexander Van der Bellen, hat Präsident Vucic ausgesagt, dass Wien und Belgrad unterschiedliche Meinungen in Hinblick auf den Kosovo haben. Es scheint allerdings so, dass Österreich Serbien nicht unter Druck setzt Kosovo anzuerkennen, wie es andere mächtige Mitglieder der EU tun.

Ich denke, dass eine Anerkennung des Kosovo allein die Sache Serbiens ist. Das Land deshalb unter Druck zu setzen, wäre ein falscher Weg. Österreich sollte hier als neutraler Staat eine Vermittlerrolle einnehmen.

Als Sie und die FPÖ noch Opposition waren, haben sie sich gegen die Anerkennung der Unabhängigkeit Kosovos durch Österreich ausgesprochen. Jetzt sind sie in einer Koalition mit der Volkspartei des Bundeskanzlers Sebastian Kurz. Hat sich Ihr Standpunkt gegenüber dem Kosovo geändert seitdem Sie Vizekanzler sind?

Kosovo ist zweifellos ein Teil Serbiens. Die seinerzeitige Anerkennung durch Österreich haben wir heftig kritisiert, sie ist allerdings jetzt Tatsache und kann wohl nicht mehr geändert werden.

Denken Sie, dass die Serben im Norden von Kosovo das Selbstbestimmungsrecht haben sollten bzw. den Status einer Autonomie bekommen sollten nach dem Vorbild Süditirols? Pristina lehnt allerdings solche Ideen ab.

Ein solches Selbstbestimmungsrecht oder eine Autonomie wären sicher wünschenswert. Aber dazu bedarf es sicher leider langer und langwieriger Verhandlungen. Pristina erscheint mir hier sehr uneinsichtig.

Besteht die Möglichkeit zu einem Kompromiss innerhalb des Dialoges in Brüssel zwischen Belgrad und Pristina bezüglich des Kosovo-Problems? Die Albaner machen diesbezüglich, durch die Hilfe ihrer westlichen Mentoren, keine Zugeständnisse.

Ich hoffe, dass ein solcher Kompromiss möglich ist.

Sie pflegen gute Beziehungen zu Milorad Dodik und sind der Meinung, dass die Republika Srpska das Recht auf Unabhängigkeit hat. Die Opposition hat Sie kritisiert, dass sie einen Orden der Republika Srpska erhalten haben. Sind Sie weiterhin der Meinung, dass Bosnien und Herzegowina ein dysfunktionaler Staat ist und was schlagen Sie vor?

Natürlich muss hier mit Augenmaß vorgegangen werden. Aber die Rechte der Serben in der Republika Srpska müssen auf jeden Fall gewahrt bleiben.

Wie interpretieren Sie die Aussage von Bakir Izebegovic den Kroaten gegenüber, dass sie keine dritte Entität in Bosnien und Herzegowina ohne Krieg zugesprochen bekommen können?

Ich finde es erschreckend, wenn jemand im 21. Jahrhundert in Europa von Krieg spricht. Mit einer solchen Rhetorik ist niemandem gedient.

Wie lange wird die „Eiszeit“ zwischen der EU und Russland dauern?

Ich bin kein Hellseher, aber jeder Tag ist einer zu viel. Ein neuer kalter Krieg muss unter allen Umständen vermieden werden.

Sie sind der Meinung, dass man Wege finden soll, um die Sanktion der EU gegen Russland aufzuheben? Besteht die Möglichkeit, dass sich die Politik gegenüber Moskau während der EU-Präsidentschaft Österreichs in der zweiten Hälfte 2018 ändert?

Natürlich soll man diese Wege finden. Ich habe die Sanktionen von Anfang an verurteilt. Die EU und Russland müssen zu einem Miteinander kommen.

Wie beurteilen Sie die serbische Diaspora und wie gut ist sie in die österreichische Gesellschaft integriert?

Die Serben in Österreich sind hervorragend in der Gesellschaft verankert. Sie leisten ihren Beitrag zu einer guten Gegenwart und Zukunft Österreichs und zu einem friedlichen Miteinander. Ihre serbischen Wurzeln haben sie dabei natürlich nicht vergessen, und das sollen sie auch nicht.

In vielen Bereichen Ihrer FPÖ sind österreichische Patrioten mit serbischen Wurzeln vorzufinden. Wer sind diese Personen und wie stark ist ihr Einfluss in der österreichischen Politik?

Bei uns kann jeder Österreicher Mitglied werden, egal wo seine Wurzeln liegen. Und gerade Personen mit serbischen Wurzeln bringen sich stark ein in ihren jeweiligen Bezirksorganisationen.

(Red.)

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