Andrea Nahles soll Ruhe in die SPD bringen

Andrea Nahles
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Erstmals übernimmt eine Frau den SPD-Vorsitz.

Wien/Berlin. Bei den Rosenmontagsumzügen war alles noch Jux und Tollerei: Angela Merkel als Schnecke und schwarze Witwe, Martin Schulz als Rohrkrepierer. Der SPD-Chef wird indessen ab heute nach nur elf Monaten im Amt bereits der Parteigeschichte angehören.

Geschäftsmäßigkeit und ein Appell an die Geschlossenheit sind heute im Willy-Brandt-Haus in Berlin angesagt, um die kochende Parteiseele angesichts der jüngsten Turbulenzen wieder zur Ruhe zu bringen. Es ist ein historischer Tag in der 153-jährigen Geschichte der SPD, wenn mit Andrea Nahles erstmals eine Frau – vorläufig nur kommissarisch – die Führung der zutiefst verunsicherten Partei übernimmt. Nahles ist die 14. SPD-Chefin nach dem Rücktritt Willy Brandts 1987. Im gleichen Zeitraum hatte die CDU lediglich drei Vorsitzende.

Neue CDU-Generation

Die Absprache zwischen Schulz und Nahles über den Wechsel an der Parteispitze weckte Erinnerungen an die Rochade zwischen Sigmar Gabriel und Schulz im Vorjahr, die selbst die Parteiprominenz kalt erwischt hatte. Manche SPD-Politiker stellten schon eine Urwahl des neuen Vorsitzenden zur Debatte, was nach dem Mitgliedervotum über eine Regierungsbeteiligung nur die Ungewissheit vergrößern würde. SPD-Vize Ralf Stegner sprach sich für ein Ende der Personaldebatte und der „Disziplinlosigkeit“ aus.

Angela Merkel versuchte währenddessen in einem TV-Interview die Personaldiskussion in der CDU zu beenden, indem sie eine Verjüngung in den Partei- und Regierungsämtern versprach. Ihre Stellvertreterin Julia Klöckner (45) gilt als gesetzt – als Agrarministerin oder auch als Generalsekretärin. Auch Jens Spahn (37), bisher Finanzstaatssekretär und Galionsfigur der Konservativen, könnte doch noch zum Zug kommen. Als Personalreserve hat sich auch Daniel Günther (43), Ministerpräsident in Schleswig-Holstein, ins Spiel gebracht. (vier)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.02.2018)

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