FPÖ und ÖVP nehmen ORF-General Wrabetz in die Zange

ORF-General Alexander Wrabetz
ORF-General Alexander Wrabetz APA/GEORG HOCHMUTH
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Ein „Tirol heute“-Beitrag sorgt weiter für Wirbel. FPÖ-Stiftungsrat Norbert Steger spricht von „Verluderung“ im ORF. ÖVP-Stiftungsrat Thomas Zach ist um die Glaubwürdigkeit besorgt.

Nach wiederholter Kritik der FPÖ an der Berichterstattung sieht die ORF-Spitze nun offenbar Handlungsbedarf. Im jüngsten Fall – einem Beitrag über den Tiroler FPÖ-Spitzenkandidaten, Markus Abwerzger – fordert ORF-General Alexander Wrabetz von Landesdirektor Helmut Krieghofer bis heute, Dienstag, einen Bericht. Zur Erinnerung: Laut einem ORF-Beitrag von Freitagabend hatte Abwerzger bei einem Wahlkampftermin antisemitisches Gedankengut („stinkerte Juden“) scheinbar widerspruchslos zur Kenntnis genommen. Erst als er dies bestritt, reichte der ORF eine modifizierte Version nach: Abwerzger hatte dem Mann sehr wohl widersprochen („Das soll man aber nicht sagen“). Krieghofer soll nun für Wrabetz aufklären, warum Abwerzgers Auftritt verkürzt bzw. sinnverstellend wiedergegeben worden ist. Außerdem soll in dem Bericht erklärt werden, warum antisemitische Äußerungen eines Passanten überhaupt unkommentiert im Fernsehen gezeigt wurden.

Wrabetz will sich nach Vorliegen des Berichts weitere Schritte vorbehalten. Die verantwortliche Redakteurin wird jedenfalls nicht wie geplant die Tiroler Elefantenrunde moderieren. Übrigens ermittelt nun die Staatsanwaltschaft gegen jenen alten Mann, der von "dreckigen Juden" sprach und "Zucht und Ordnung" im Nationalsozialismus lobte. 

Unterdessen nehmen FPÖ-Stiftungsrat Norbert Steger und ÖVP-Vis-à-Vis Thomas Zach Wrabetz in die Zange. Zach hält die jüngsten Fehler der ORF-Information für ein „Führungsproblem“ und findet, sie seien „dazu angetan, die Glaubwürdigkeit des ORF zu schädigen“. Manche dieser Fehler, sagt Zach im „Presse“-Gespräch weiter, seien „im unmittelbaren Bereich des Generaldirektors passiert, er ist der zentrale Informationsverantwortliche“. Er erwarte sich daher in der nächsten Stiftungsratssitzung von Wrabetz eine Erklärung, „wie er mit den Fehlern der vergangenen Wochen umzugehen gedenke, um sicherzustellen, dass wir da in keine Abwärtsspirale geraten“.

„Diese Tiroler Geschichte ist schon heavy“, sagt Steger der „Presse“. „Das schadet allen Journalisten. Der Vorwurf der Lügenpresse wird durch so etwas gestärkt.“ Er ortet eine „Verluderung“ im ORF, weil „dort nie Sanktionen ergriffen werden“: „Das Ärgste, was ORF-Journalisten droht, ist, dass sie bei voller Gage spazieren gehen.“ Er wolle „niemandem drohen, ihn hinauszuschmeißen“ – aber er sei für Sanktionen. Was er sich vorstelle? Eine Vorladung beim direkten Vorgesetzten zum Beispiel. Und neue Social-Media-Richtlinien. „Ich will ja keinen Werner Mück (Er war TV-Chefredakteur; Anm.) haben, der den großen Maulkorb raushängt. Ich wünsche mir aber einen Supersender, dass ganz Europa lieber ORF schaut als BBC“, sagt Steger. „Es beginnt mit der Frage der Anständigkeit: Einen sinnentstellten Schnitt zu machen (wie in dem Beitrag über Abwerzger; Anm.) ist unanständig.“

Was seine Zukunft als Stiftungsrat betrifft, so bestätigt Steger, dass er von der FPÖ nominiert wurde: „Aber das hängt von den anderen Stiftungsräten ab, die kommen – ob man sachlich reden und arbeiten kann. Und davon, ob die ÖVP beim ORF Neu mitgeht.“

FPÖ-Beschwerde bei Medienbehörde

Am Montag brachten die Tiroler FPÖ und Abwerzger wegen des „Tirol heute“-Beitrags eine Beschwerde bei der Medienbehörde KommAustria ein. Sie sehen zwei Vorgaben des ORF-Gesetzes verletzt: das Gebot, bei der Gestaltung von Sendungen für eine „objektive Auswahl und Vermittlung von Informationen“ zu sorgen, und das Gebot, wonach die ORF-Information „umfassend, unabhängig, unparteilich und objektiv“ zu sein hat und „Nachricht und Kommentar deutlich voneinander zu trennen“ sind.

Krieghofer hat sich bei Abwerzger entschuldigt. Dieser nahm an, erwartet aber, „dass der ORF öffentlich eingesteht, dass ein schwerwiegender Fehler begangen und die Objektivität nicht eingehalten wurde“. Eine Arbeitsgruppe im ORF soll nun "Leitlinien für den Umgang mit journalistischen Fehlleistungen" erarbeiten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.02.2018)

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