Der Autor der "Proletenpassion" ist gestorben

Heinz R. Unger wurde 1938 in Wien geboren, er war zunächst als Schriftsetzer, danach als Verlagshersteller, schließlich als Werbetexter und Journalist tätig.
Heinz R. Unger wurde 1938 in Wien geboren, er war zunächst als Schriftsetzer, danach als Verlagshersteller, schließlich als Werbetexter und Journalist tätig.(c) HERBERT PFARRHOFER / APA
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Heinz R. Unger, Wiener Liedermacher, Lyriker, Romancier, ist im Alter von 79 Jahren einem Lungenkrebs erlegen.

Was für eine Wucht, was für ein Schwung: Als die Schmetterlinge mit der „Proletenpassion“ an die Öffentlichkeit traten, einer Hommage an die Mühseligen und Beladenen aller Zeiten und Orte, war der Erfolg durchschlagend: 1976 hatte die szenische Fassung bei den Wiener Festwochen Premiere, bis in die 80er-Jahre gingen die Schmetterlinge damit auf Tournee. Das lag auch an den kämpferisch-poetischen Texten Heinz R. Ungers: Der Dichter „trifft den Volksliedton, den Landknechtston, den Eisler- und Brecht-Ton, er kann Knittelverse schnitzen und Balladen à la Biermann hämmern, er hat als Wiener von Karl Kraus gelernt, wie man Zitate zu Bumerangs macht“, schrieb Hilde Spiel in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.

Heinz R. Unger wurde 1938 in Wien geboren, er war zunächst als Schriftsetzer, danach als Verlagshersteller, schließlich als Werbetexter und Journalist tätig. Ab 1969 aber wandte er sich der Literatur zu: Als Romanautor und Lyriker, als Verfasser sanft in die Welt der Fantasie entführender Kinderbücher. Ein besonderes Ansinnen wurde ihm die Wiederbelebung des politischen Volksstücks – das Ergebnis war die Trilogie „Die Republik des Vergessens“ mit „Unten durch“, „Zwölfeläuten“ und „Hoch hinaus“.

Ein Krimi über die Vergeltung

Zuletzt veröffentlichte er einen Krimi, der sich mit dem Nationalsozialismus auseinandersetzte: Im Mittelpunkt von „Löwenslauf“ (2015) steht ein Kommissar in Ruhestand, der sich erinnert: Kurz nach der Befreiung hat er beobachtet, wie ein ehemaliger SS-Mann in den Tod stürzt. War es ein Unfall? Hatte ein jüdischer Arbeitskollege ihn gestoßen? Oder zumindest: nichts getan, um seinen Tod zu verhindern? Ebenfalls 2015 hatte in der Garage X eine Neuauflage der „Proletenpassion“ Premiere – mit der Musik von Gustav. Heinz R. Unger hat dafür seinen Text aktualisiert. Und um Verse erweitert, die den Opfern des Stalinismus galten. Die hatten in der Version von 1976 gefehlt.

In wenigen Wochen hätte Heinz R. Unger seinen 80. Geburtstag gefeiert: Zu diesem Anlass druckt der Mandelbaum Verlag eine Sammlung seiner politischen Lyrik und Lieder unter dem Titel „Die Freiheit des Vogels im Käfig zu singen“. Am 10. Mai war Heinz R. Unger zu einer Neuinszenierung der „Proletenpassion“ nach Essen eingeladen. Die Krankheit war schneller. [ APA/pd ] (best)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.02.2018)

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