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Opernball

Eine Bilderreise durch die Zeit

Von Kaiser Franz Joseph I. bis Richard Lugner zum Solidaritätsaufschlag. Der Opernball hat eine ereignisreiche Historie, ein Blick zurück.
03.02.2023 um 12:43
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Hauptbild • Getty Images

Am 16. Februar öffnet die Wiener Staatsoper ihre Tore für die Gäste des 65. Wiener Opernballs, ja, nach der zweijährigen Quarantäne. Es ist der erste Ball unter Staatsoperndirektor Bogdan Roščić, der dem Spektakel auch gleich seinen eigenen Stempel aufgedrückt hat. So wird von den Besucherinnen und Besuchern erstmals ein "Solidaritätsaufschlag" für in Not geratene Menschen verlangt. 

APA (Robert Jäger)

Opernball-Tiara sehen wir hier, Opernball-Lady gibt es heuer keine. Das Fest wird von der Oper organisiert, unterstützt durch ein Komitee. Zu den ehrenamtlichen Mitgliedern zählen die Unternehmerin Nadja Swarovski, die Leiterin des Restaurant "Steirereck", Birgit Reitbauer, und die internationale Event-Planerin Maryam Yeganehfar.

APA

Richard Lugner, mittlerweile 90 Jahre alt, lässt sich vom Ballgeschehen nicht abbringen. Nach der Pause möchte er in alter Tradition mit einem Stargast an der Seite in die Oper zurückkehren. Seine Wahl fiel heuer auf die wunderbare Jane Fonda. Vieles ist noch ungeklärt, eines ist fix, am 15. Februar wird die US-Schauspielerin und Fitness-Ikone in der Lugner City Autogramme austeilen.  

APA (EVA MANHART)

Der Ball wird heuer zwar kein Motto haben, aber angesichts der multiplen Krisen unter einem besonderen Zeichen stehen. Mit dem Slogan "Hand in Hand 'Alles Walzer'" wird die Initiative "Österreich hilft Österreich" unterstützt. Für die Gäste heißt das, dass sie 35 Euro mehr für ihre Karten zahlen und zehn Prozent mehr für die kulinarische Verpflegung. Dieser "Solidaritätsaufschlag" soll bedürftigen Menschen zugutekommen.

(c) 2008 Getty Images
Ein Blick zurück

1869 wurde auf Geheiß von Kaiser Franz Joseph I. an der Ringstraße ein neues Opernhaus erbaut. Als noch im selben Jahr das Personal des k. k. Hofoperntheaters einziehen konnte, verweigerte der Kaiser jedoch die Erlaubnis, in seinem Theater Tanzfeste zu feiern. Der notorische Frühaufsteher war generell kein Freund von Abendveranstaltungen, schreibt die Wiener Staatsoper in ihren Geschichtsbüchern.

(c) ONB Bildarchiv Austria

Deshalb fand der erste "Ball in der Hofoper" im Musikverein statt. 1877 gab es dann das kaiserliche Einverständnis zur "Soirée" im neuen Opernhaus, allerdings mit einer Einschränkung: Tanz war tabu.

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Kurze Zeit später durfte dann auch in der Oper offiziell getanzt werden; der allererste ballähnliche Abend trug den Namen "Hofopern Soirée". Zur Eröffnung gab es Musik unter der Leitung von "Walzerkönig" Johann Strauß, der seine "Reminiszenzen an Alt- und Neu-Wien" zum Besten gab. Pate stand die Pariser "Bal de l'Opéra" (siehe Bild).

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Die Künstler wünschten jedoch für ihre Feste einen intimeren Rahmen, weshalb die Hofopern-Soiréen kurze Zeit später in die Redoutensäle der kaiserlichen Hofburg verlegt wurden. Von 1899 bis 1921 musste die Wiener Oper aus feuerpolizeilichen Gründen gesperrt bleiben; auch der Untergang der Habsburger-Monarchie 1918 bremste die imperialen Feste vorübergehend.

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Bälle gab es also schon viel früher in der Wiener Oper, aber der erste, der tatsächlich "Wiener Opernball" hieß, fand am 26. Januar 1935 statt und wurde nach Ende der Monarchie und der Wirtschaftsdepression als "Siegesfest des Optimismus" bejubelt. Bundeskanzler Kurt Schuschnigg hatte den Ehrenschutz des Balls übernommen.

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Die Premiere endete übrigens mit einem Skandal. Fälscher hatten mehr als 100 Eintrittskarten nachgedruckt und unter der Hand um 12,50 Schilling statt 25 Schilling verkauft. Zudem fand die Polizei in der Wohnung der Betrüger 1000 Cognac-Etiketten der Marke "Henessy", die sie auf billigere Branntwein-Flaschen geklebt hatten.

(c) ONB Bildarchiv Austria

Seine Hochphase erlebte der Ball in den Jahren 1936 bis 1939. Am Vorabend des Zweiten Weltkrieges wurde der Staatsball im inzwischen an Hitler-Deutschland angeschlossenen Österreich allerdings zum vorerst letzten Mal abgehalten. Bei Bombenangriffen am 12. März 1945 wurde die Staatsoper beinahe vollkommen zerstört.

(c) ONB Bildarchiv Austria

Umso mehr schwappten die patriotischen Emotionen über als Bundespräsident Theodor Körner (siehe Bildmitte) und Bundeskanzler Julius Raab (2.v.l.), nach 17-jähriger Tanzpause, den ersten Opernball im wieder erbauten Haus am 9. Februar 1956 eröffneten.

(c) ONB Bildarchiv Austria

Hier die gut besuchte Wiedergeburt des Wiener Opernballs im Jahr 1956.

(c) ONB Bildarchiv Austria

1960 überträgt der ORF erstmals live vom Opernball.

1962 tritt der Staatsopernchef Herbert von Karajan wegen Problemen mit der Gewerkschaft zurück, ist allerdings ein Jahr später wieder im Amt.


(c) ONB Bildarchiv Austria
Logengeschichte

1975 gesteht Industriellen-Gattin Ursula Flick am Ball ihre Liebe zu Skilehrer Pepi Zoller. Nebenbei einigen sich Kanzler Bruno Kreisky und BRD-Außenminister Hans-Dietrich Genscher über den DDR-Konsularvertrag. 1976 singt Shirley MacLaine in Kreiskys Loge Wienerlieder.

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1978 empfängt Bruno Kreisky Spaniens Königspaar Juan Carlos und Sofia am Ball. Bei einer Demo 1988 werden mehr als 100 Polizisten verletzt (siehe Bild). 1989 erscheint Hannes Androsch im Rollkragenpulli zum nobelsten Ball der Nobelbälle.

(c) APA (VOTAVA)

Mit den Zeiten ändern sich auch die Organisatoren: Christl Schönfeldt war Organisatorin der ersten 25 Nachkriegsfeste und Lotte Tobisch (siehe Bild), "Ikone des Opernballs", von 1981 bis 1996. 1991 sieht sich die Opernballmutter Tobisch gezwungen, den Ball wegen des Golfkrieges abzusagen.

(c) Die Presse (Clemens Fabry)

1992 erfindet Richard Lugner (im Bild mit Carmen Electra) das "Rent a Star"-Prinzip zu Werbezwecken, mit dem er sich bis heute Jahr für Jahr um einen neuen Skandal bemüht.

(c) FABRY Clemens

1993 zieht Staatsoperndirektor Ioan Holender eine Abschaffung des Opernballs in Erwägung. Begründung: "Es sei nur ein Störfaktor für den Betrieb". 1999 unterzieht er dem Fest eine Radikalkur und engagiert Elisabeth Gürtler als Gouvernante.

APA
VERLEIHUNG - 'GOLDENES EHRENZEICHEN FUeR VERDIENSTE UM DAS LAND WIEN': HOLENDER

2005 führt der Staatsoperndirektor Ioan Holender ein Rauchverbot beim größten "Pinguintreffen" des Jahres ein.

APA (HERBERT NEUBAUER)
OPERNBALL 2015: ZEREMONIENMEISTER ROMAN SVABEK LAeDT ZUM 'OPERNBALL-TANZBRUNCH'

2008 entzieht Ioan Holender Thomas Schäfer-Elmayer den geliebten Eröffnungssatz "Alles Walzer". Folglich findet
2009 die Opernballeröffnung erstmals ohne den berühmten Platzsprecher und Benimm-Experten Elmayer statt. Roman Svabek (im Bild) übernahm und lädt Jahr für Jahr einen Gastchoreografen ein, die Eröffnung mitzugestalten.

APA (GEORG HOCHMUTH)
OPERNBALL 2010

Am 11. Februar 2010 ging das deutsche TV-Urgestein Thomas Gottschalk für den Privatsender ATV zum ersten Mal am Wiener Opernball ans Werk. Und mit 1. September 2010 übernahm Dominique Meyer als neuer Direktor die Wiener Staatsoper.

APA (ROLAND SCHLAGER)

2014 hatte die Oper ihren ersten Blackface-Skandal. Lugners Gast Kim Kardashian soll den Opernball wegen rassistischer Vorfälle frühzeitig verlassen haben. Puls-4-Moderator Chris Stephan ist damit an einer Kanye-West-Parodie gescheitert.

Clemens Fabry

Die 60. Ausgabe des Balls brachte 2016 schon im Vorfeld eine Überraschung. Organisatorin Desiree Treichl-Stürgkh gab unter Tränen ihren Abschied bekannt. Sie wolle sich vermehrt ihrer Familie und ihrem Job als Verlegerin widmen.

APA (HERBERT PFARRHOFER)
OPERNBALL: GENERALPROBE

2020 gab es eine Premiere: zwei junge Frauen aus Deutschland tanzten als erstes gleichgeschlechtliches Paar bei der Opernball-Eröffnung. Gleichzeitig war es der letzte Opernball für Staatsoperndirektor Dominique Meyer. Maria Großbauer tat es ihm gleich und gab die Organisation des Opernballs ab. 

(c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)

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