Trifft Familienbeihilfe-Kürzung auch Österreichs Diplomaten?

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"Auslandsbeamte" sind laut Bundesabgabenordnung zwar so zu behandeln, als hätten sie ihren Wohnsitz in Österreich - Beamtenministerium und Gewerkschaft ist das aber zu unpräzise.

Die von der Regierung geplante Kürzung der Familienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder stößt weiter auf Skepsis. Arbeiterkammer und ÖGB halten die schwarz-blauen Pläne für EU-rechtswidrig. Beamtenministerium und Beamtengewerkschaft sorgen sich indessen, dass die Kürzung auch österreichische Diplomaten im Ausland treffen könnte. Die Frist für Stellungnahmen zum Gesetz ist am Freitag abgelaufen.

ÖVP und FPÖ wollen die Familienbeihilfe für Kinder, die im EU-Ausland leben, an das dortige Preisniveau anpassen. In der Regel bedeutet das eine Kürzung, weil besonders viele Kinder in Osteuropa betroffen wären. Für einige EU-Länder (sowie für betroffene Nicht-EU-Staaten wie die Schweiz und Norwegen) wäre aber eine Erhöhung der Zuschüsse nötig. Die Regierung erhofft sich davon Einsparungen von 114 Mio. Euro jährlich. 2016 wurden 273 Millionen Euro für 132.000 Kinder im Ausland ausbezahlt. In Kraft treten soll die Reform heuer.

Die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) tritt den Plänen äußert skeptisch gegenüber. Sie fordert, dass die Indexierung nicht für österreichische Beamte gelten soll, die im Ausland arbeiten. Die Beamtengewerkschaft verweist in ihrer Stellungnahme zwar auf eine Bestimmung der Bundesabgabenordnung, die ohnehin festlegt, dass "Auslandsbeamte" zu behandeln sind, als hätten sie ihren Wohnsitz in Österreich. Dennoch wird für eine Klarstellung plädiert, um Auslegungsprobleme zu vermeiden. Auch das von Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) geführte Beamtenressort möchte so eine Klarstellung prüfen.

Familienministerium will Ausnahmen prüfen

Eine Ankündigung, die den Neos am Freitag missfiel. "Diese Ausnahmen sollen natürlich nur für Straches Beamten gelten; die Kinder von Pflegekräften aus Osteuropa werden weiterhin von Kürzungen betroffen sein", kritisiert Familiensprecher Michael Bernhard via Aussendung.

Das Familienministerium reagierte mit einer Ankündigung: Die von der Beamtengewerkschaft geforderte explizite Ausnahme für "Auslandsbeamte" werde man prüfen lassen. Man werde sich das Thema ansehen wie andere Begutachtungsstellungnahmen auch, sagte ein Sprecher. Ausständig sei allerdings noch eine europarechtliche Einschätzung des umstrittenen Gesetzes durch die zuständige Abteilung im Kanzleramt.

AK und ÖGB orten EU-Rechtsverstoß, WK pro Änderung

Arbeiterkammer und Gewerkschaftsbund äußerten sich ebenfalls skeptisch - allerdings zu den Kürzungsplänen im Allgemeinen. Sie verweisen erstens auf die drohende EU-Rechtswidrigkeit des Gesetzes. Denn der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat bereits 1986 Frankreich untersagt, Familienleistungen für in Italien lebende Kinder zu kürzen. Unter Verweis auf dieses Urteil haben zuletzt auch die EU-Kommission und der EuGH-Präsident die Regierungspläne skeptisch bewertet. Auch Slowenien, Ungarn und die Slowakei haben protestiert.

"Die Bundesregierung riskiert damit, dass die vorgeschlagene Gesetzesänderung einer europarechtlichen Prüfung der Höchstgerichte nicht standhält", schreibt nun die AK dazu. Außerdem verweisen sowohl AK als auch ÖGB darauf, dass für ausländische Arbeitnehmer die selben (Arbeitgeber-)Beiträge in den Familienfonds bezahlt werden wie für österreichische. Daher drohe ein Verstoß gegen das Prinzip "gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort". Mit ähnlichen Gründen fordert auch der Frauenring den Verzicht auf die Kürzung.

Begrüßt wird der Plan dagegen von der Wirtschaftskammer. Sie sieht keine EU-Rechtswidrigkeit, weil die Familienbeihilfe aus dem Familienfonds finanziert wird. Und dieser werde - anders als die Sozialversicherung - nicht durch Beiträge der Arbeitnehmer gespeist, sondern durch Arbeitgeberbeiträge. Außerdem erwartet die Arbeitgebervertretung durch die Leistungskürzung Spielraum für die weitere Senkung dieser Beiträge.

(APA/Red.)

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