Der Vorschlag der Justizministerin, die Strafen bei „religiöser Gewalt“ zu verschärfen, ist gut. Aber nur, um politisches Kleingeld aus dem Strafrecht zu schlagen.
Das Strafrecht eignet sich besonders gut, um politischen Gestaltungswillen zu zeigen: zum einen, weil schärfere Strafen nichts kosten und daher gegen keinen lästigen Finanzminister durchgesetzt werden müssen. Zum anderen sind plakative Forderungen für den politischen „Diskurs“, der in Österreich gerne mit der Differenziertheit von Boulevard-Schlagzeilen ausgefochten wird, immer willkommen.
Es ist kein Zufall, dass die „Kronen Zeitung“ dem jüngsten Vorstoß von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner den Boden bereitet hat. „Religiös motivierte Verbrechen sollen härter bestraft werden!“, sagte dort ÖVP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger, und die von der ÖVP bestellte Ministerin griff es dankbar auf: Jawohl, sagte sie, religiöse Motive sollen erschwerend wirken. Anlass ist das milde Totschlag-Urteil gegen jenen Mann, der seine trennungswillige Ehefrau mit etlichen Messerstichen und mit Schlägen mit einem Stahlrohr verletzt hat – in einer, angesichts seiner türkischen Herkunft, angeblich allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung.
Diese Erklärung ist in der Tat unbegreiflich. Aber sie ist kein Grund, pauschal „religiöse Motive“ als Milderungsgrund auszuschließen und als Erschwerungsgrund zu fixieren. Das ist viel zu nebulös, um der Schuld des Einzelnen gerecht zu werden – und tut dem Strafrecht Gewalt an, die auch um des politischen Erfolgs willen nicht gerechtfertigt ist. (Bericht: Seite 11)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.02.2010)