Lebenslang für "Taraf"-Chefredakteur Ahmet Altan

Weltweit wurde das Urteil gegen Ahmet Altan mit Empörung zur Kenntnis genommen.
Weltweit wurde das Urteil gegen Ahmet Altan mit Empörung zur Kenntnis genommen.APA/AFP/OZAN KOSE
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Die Tochter des renommierten Journalisten kündigt den Gang in Berufung an - "als gäbe es eine unabhängige Justiz". Das Recht in der Türkei sei "verfault".

Nach der Verurteilung des renommierten türkischen Journalisten Ahmet Altan zu lebenslanger Haft hat dessen Tochter Sanem Altan den Gang in die Berufung angekündigt. "Wir werden uns an das Kassationsgericht wenden, als gäbe es eine unabhängige Justiz", sagte sie der Deutschen Welle.

"Wir werden alles tun, was für den juristischen Prozess erforderlich ist. Denn wenn man sich später erinnert, müssen wir über alle Gesetzlosigkeiten Bescheid wissen", so Sanem Altan.

Ahmet Altan (67), einst Chefredakteur der inzwischen geschlossenen liberalen, investigativen Zeitung "Taraf" ("Richtung"), war wie sein Bruder Mehmet Altan am Freitag wegen Unterstützung der islamischen Gülen-Bewegung und versuchten Umsturzes zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Eine Anordnung des türkischen Verfassungsgerichts vom Jänner, ihn freizulassen, hatten die Behörden ignoriert, was vom Europarat heftig kritisiert worden war.

Berufung trotz allem

Die Verurteilungen richteten sich gegen Gegner des Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, sagte Sanem Altan. "Diese Entscheidung zeigt, wie das Recht verschwindet, wie es verfault und zu einer persönlichen Angelegenheit wird." Dennoch sei eine Revision sinnvoll, denn "wenn auch die Berufung abgelehnt wird, wird das dokumentiert und geht in die Geschichte ein".

Ihr Vater habe etwas Wundervolles gesagt: "Durch dieses Urteil sind wir die bekanntesten Gefangenen der Welt geworden. Denn die Welt verfolgt diese Ungerechtigkeit, diesen Blödsinn aus der Nähe." Das Urteil wurde am Tag der Haftentlassung des deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel gefällt. Neben den Brüdern Altan wurden auch die Journalistin Nazli Ilicak und andere drei "Taraf"-Mitarbeiter am Freitag verurteilt.

(APA/dpa)

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