Leitartikel

Nur Schwarz-Blau kann Türkis-Blau schaden

 Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) im Rahmen des Politischen Aschermittwochs der FPÖ.
Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) im Rahmen des Politischen Aschermittwochs der FPÖ.(c) APA/MANFRED FESL
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Es sind nicht die politischen Gegner wie SPÖ und ORF, die die eben angetretene Regierung ins Trudeln bringen. Es sind nur die eigenen Fehler und Fettnäpfchen.

Es war einer der peinlichen Momente der jüngeren österreichischen Innenpolitik: Sozialdemokraten und Freiheitliche stritten sich um das Erbe von Bruno Kreisky und Jörg Haider. Es blieb beim Streit. Das jeweilige subjektive Idol beider Parteien bleibt in weiter Ferne und wird sich übergreifend nicht vereinnahmen lassen. Doch es könnte eine klitzekleine Parallele geben: So wie Kreisky mit seiner Rücktrittsankündigung im Falle einer Niederlage Tausende dazu veranlasste, bei der Volksabstimmung über das Atomkraftwerk Zwentendorf mit „Nein“ zu stimmen, könnte es nun ausgerechnet dem selbst ernannten Schutzherren der direkten Demokratie, Heinz-Christian Strache, ergehen. Das anlaufende Volksbegehren gegen die Rücknahme/für den Aufschub eines Rauchverbots hat das Zeug, zur ersten Abrechnung mit der FPÖ-Politik in der fast neuen türkis-blauen Regierung zu mutieren. Selbst der eine oder andere Raucher könnte unterschreiben. Vorausgesetzt, die geschätzte Ministeriumsbürokratie kriegt die IT endlich wieder hin.

Eine Aufhebung des FPÖ-Plans, Österreich als touristische Rauchernische Europas zu positionieren, wäre nicht nur spektakulär, sondern peinlich. Der Juniorpartner stolpert gerade ohne große Not von Fettnäpfchen zu Fettnäpfchen. Da beweist der ORF eindringlich, dass auch öffentlich-rechtliche Journalisten nicht frei von Fehlern und tollpatschiger Manipulation sind, indem er zumindest zwei Mal fälschlich (Ex-)FPÖ-Politiker anpatzt, und was macht Heinz-Christian Strache? Statt dass er schweigend die Zerknirschung am Küniglberg genießt und auf Läuterung hofft, greift er ausgerechnet Armin Wolf an, vor dessen Interviewführung sich auch müde rot-grüne Helden wie Christian Kern fürchten.

Im Stil Donald Trumps wirft er Alexander Wrabetz' ORF Fake News vor, was diesem hilft, sich als kritischen Kämpfer gegen Politik-Einfluss zu stilisieren. Beide Seiten scheinen insgeheim die Angriffe gegeneinander zu brauchen. Ein kleiner strategischer Sadomasochismus? Aber ganz ernst: Regelmäßige Fehler auf Kosten einer bestimmten Partei dürfen in einem öffentlich-rechtlichen Sender nicht passieren. Und Angriffe gegen den ORF und einzelne Journalisten markieren klar das Überschreiten der berüchtigten roten Linie. Auf die Christian Kern etwa nur gewartet hat, um endlich wieder einmal ein Facebook-Video drehen zu können.

Wie schon das Auftauchen widerwärtiger Liedtexte in der Burschenschaft eines FPÖ-Kandidaten zeigt die aktuelle Debatte: Wirklich gefährlich sind für diese Regierung die eigenen Fehler. Die kommenden Landtagswahlen dürften für beide Regierungsparteien halbwegs oder gut ausgehen. Maßnahmen wie Steuererleichterungen für Familien oder mehr Polizeiposten werden positiv aufgenommen. Orchideenthemen wie die Einführung berittener Polizei beschäftigen höchstens Zeitgenossen mit zu viel Tagesfreizeit. Nein, selbst die hochprofessionelle Kontroll-PR-Maschinerie von Sebastian Kurz kann eines niemals verhindern: irrationale, emotionale und unnötige Fehler, Debatten und Schlachten – vom (Anti-)Rauchen über den ORF bis zu Polizeiponys. Bruno Kreisky und Jörg Haider wussten das übrigens ganz gut.

rainer.nowak@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.02.2018)

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