Lettlands Zentralbankchef soll Bestechungsgeld angenommen haben

Der lettische Zentralbankchef Ilmars Rimsevics steht unter Korruptionsverdacht
Der lettische Zentralbankchef Ilmars Rimsevics steht unter KorruptionsverdachtAFP (MARKKU ULANDER
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Der lettische Zentralbankchef Ilmars Rimsevics steht unter Korruptionsverdacht. Der Premier des Landes legt ihm den Rücktritt nahe.

Kurz vor wichtigen Weichenstellungen für den EZB-Rat sind Rücktrittsforderungen gegen das lettische Führungsmitglied der Europäischen Zentralbank wegen Bestechlichkeit laut geworden. Die Regierung des baltischen Staates forderte Notenbank-Chef Ilmars Rimsevics am Montag auf, sein Amt niederzulegen.

Zusätzlich für Turbulenzen in der lettischen Finanzbranche sorgen Geldwäsche-Vorwürfe gegen die drittgrößte Bank des Landes, die ABLV. Ein Zusammenhang der beiden Fälle besteht laut der Anti-Korruptionsbehörde aber nicht. Rimsevics war am Wochenende festgenommen worden, nachdem Ermittler die Wohnung und das Büro des EZB-Ratsmitglieds durchsucht hatten. Der Skandal trifft die EZB kurz vor der Entscheidung über die Neubesetzung ihres Vizechefpostens. Die Euro-Finanzminister beraten darüber am Nachmittag.

"Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Gouverneur der Bank von Lettland arbeiten kann, der wegen so schwerwiegenden Anschuldigungen verhaftet wurde", sagte Ministerpräsident Maris Kucinskis im lettischen Fernsehen. Er berief eine Sondersitzung des Kabinetts ein. Laut dem Leiter der Anti-Korruptionsbehörde, Jekabs Straume, soll der Notenbank-Chef eine Bestechungssumme von mindestens 100.000 Euro verlangt haben. Rimsevics Anwalt hatte die Verhaftung als rechtswidrig bezeichnet - zu den Hintergründen äußerte er sich nicht. Die EU-Kommission teilte mit, die Festnahme sei Sache der nationalen Behörden. Sie habe Vertrauen in die Aufseher.

Rimsevics steht seit 2001 an der Spitze der Bank von Lettland. Seit dem Beitritt des Landes zur Eurozone im Jänner 2014 ist er zudem Mitglied des EZB-Rates, des obersten Entscheidungsgremium der Euro-Notenbank. Dieses steht vor einer wichtigen Neubesetzung, da die Amtszeit von EZB-Vizepräsident Vitor Constancio im Mai nach acht Jahren endet. Unmittelbar vor den Beratungen der Euro-Finanzminister in Brüssel zog Irland seinen Kandidaten, Notenbankchef Philip Lane, zurück und machte damit den Weg für Spaniens Wirtschaftsminister Luis de Guindos frei. Irland werde nun de Guindos unterstützen, so dass ein Kandidat im Konsens bestimmt werden könne, sagte Finanzminister Paschal Donohoe. Am Dienstag sollen die EU-Finanzminister dann den Kandidaten formell bestimmen. Hochrangige Vertreter aus der Eurozone hatten dem Spanier zuletzt größere Chancen eingeräumt.

Die Besetzung des Vize-Postens gilt als wichtige Weichenstellung für die nächstes Jahr anstehende Wahl eines Nachfolgers von EZB-Präsident Mario Draghi, dessen Amtszeit Ende Oktober 2019 ausläuft. Experten zufolge würden die Aussichten von Bundesbank-Chef Jens Weidmann steigen, sollte ein Vertreter der südlichen Euro-Länder EZB-Vize werden.

Auch Bank in den Schlagzeilen

Das lettische Bankensystem steht derzeit auch wegen Geldwäschevorwürfen gegen die ABLV Bank in den Schlagzeilen. Die EZB forderte die Bankenaufsicht des Landes inzwischen auf, dem Kreditinstitut sämtliche Auszahlungen zu untersagen. In den vergangenen Tagen habe sich die Finanzlage der Bank deutlich verschlechtert, begründete sie das Moratorium.

Die USA werfen dem Geldhaus vor, seinen Kunden zu ermöglichen, die Sanktionen der Vereinten Nationen gegen Nordkorea zu unterlaufen. Die US-Behörde FinCEN, eine für die Ermittlung von Finanzkriminalität zuständige Abteilung des US-Finanzministeriums, hatte erklärt, sie prüfe Sanktionen gegen das Geldhaus. Die ABLV Bank teilte dagegen mit, die US-Behörde berufe sich auf unbewiesene und irreführende Informationen.

(Reuters)

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