Großbritannien streicht Oxfam das Geld - nicht nur wegen Haiti

Ein Oxfam-Logo auf einer Mauer in einem Flüchtlingslager auf Haiti. Großbritannien will Oxfam nicht länger finanzieren.
Ein Oxfam-Logo auf einer Mauer in einem Flüchtlingslager auf Haiti. Großbritannien will Oxfam nicht länger finanzieren.REUTERS
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Oxfam-Mitarbeiter hatten Sex-Partys mit Prositutierten auf Haiti. Doch diese Vorfälle, die Jahre zurückliegen, sind nicht der Hauptgrund für die wachsende Skepsis an Oxfam.

Es hat sich angekündigt. Zu viele negative Schlagzeilen machte die Hilfsorganisation Oxfam in den letzten Wochen. Die britische Regierung will vorerst keine neuen Gelder an Oxfam vergeben. Denn die Organisation werde sich nicht wieder ums staatliche Mittel bewerben, bis das Entwicklungsministerium sicher sei, dass "die hohen Standards, die wir erwarten, erfüllen kann", sagte Ministerin Penny Mordaunt.

Die international tätige Entwicklungsorganisation mit Sitz in Großbritannien wird seit Tagen von Skandalen erschüttert. Neben Sexorgien mit Prostituierten in Haiti und dem Tschad soll es Fälle von Vergewaltigungen und versuchten Vergewaltigungen im Südsudan gegeben haben. Vor allem die versuchte Vertuschung der Vorfälle sorgt für Unbehagen in der Öffentlichkeit.

Oxfam hat angekündigt, eine unabhängige Untersuchungskommission werde den Vorwürfen nachgehen. Ex-Entwicklungsministerin Priti Patel nannte die Vorfälle in Haiti nur "die Spitze des Eisberges". Es gebe eine "Kultur der Verlegung" in diesem Sektor.

"Langer Weg, um Vertrauen zurückzugewinnen"

Die britische Regierung ist die erste, die die Finanzierung stoppt. Auch die EU hat eine umfassende Aufklärung gefordert. 201 gab es laut Geschäftsbericht von Oxfam International 68 Millionen Euro von der EU für die Hilfsorganisation.

Entwicklungsministerin Mordaunt sei bewusst, dass bei Oxfam "Hunderte von guten, mutigen und mitfühlenden Leuten" arbeiten, doch die Hilfsorganisation habe einen "langen Weg vor sich, bevor sie das Vertrauen der britischen Öffentlichkeit zurückgewinnen kann".

Wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" online berichtete, erhielt die britische Sparte von Oxfam im vergangenen Jahr 32 Millionen Pfund (36,2 Millionen Euro) für Projekte. Der in Kritik geratene Chef der britischen Sparte von Oxfam, Mark Goldring, entschuldigte sich in einem Interview mit dem "Guardian" am Freitag erneut für die Vorfälle, aber die Intensität der Angriffe sei der Schuld nicht angemessen. "Alles, was wir sagen, wird manipuliert... Wir werden sabotiert", sagte Goldring der Zeitung, in der auch ein ganzseitiges Inserat erschien, in dem man sich für das Verhalten der Mitarbeiter entschuldigte. Goldring wird in anderen Medien auch mit dem Satz zitiert, dass Oxfam nicht "Kinder in ihren Krippen ermordet" habe.

Oxfam-Haiti-Chef gibt Vergehen zu

Der im Mittelpunkt des Sex-Skandals stehende belgische Chef der Oxfam-Mission in Haiti hat laut der Hilfsorganisation zugegeben, Prostituierte in seiner von Oxfam gemieteten Unterkunft angeheuert zu haben. Oxfam veröffentlichte am Montag einen Bericht aus dem Jahr 2011, wonach Roland van Hauwermeiren damals bei einer internen Untersuchung einräumte, Prostituierte für Sex bezahlt zu haben, und seinen Rücktritt anbot.

"Im Interview hat der Landesdirektor zugegeben, Prostituierte in seine Oxfam-Unterkunft bestellt zu haben", heißt es in dem Bericht. Daraus geht zudem hervor, dass drei Oxfam-Mitarbeiter einen Zeugen körperlich bedrohten, als mutmaßliches sexuelles Fehlverhalten nach dem verheerenden Erdbeben von 2010 untersucht werden sollte.

Van Hauwermeiren war im Tschad und anschließend in Haiti Landesdirektor der Hilfsorganisation Oxfam. Nachdem die Vorwürfe intern bekannt wurden, trat er von seinem Posten zurück. Auch zwei andere Mitarbeiter kündigten und kamen damit einer Entlassung zuvor. Vier weitere Mitarbeiter wurden nach Angaben von Oxfam wegen groben Fehlverhaltens entlassen. Vergangene Woche trat Oxfam-Vizechefin Penny Lawrence zurück.

Kritik von Nobelpreisträger Tutu

Unterstützer hatten sich in den vergangenen Tagen von Oxfam abgewandt. Die britische Regierung sowie die EU-Kommission hatten gedroht, Mittel zu streichen. Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu (86) gab nach dem Publikwerden der Skandale seine Rolle als weltweiter Botschafter der Hilfsorganisation auf. "Der Erzbischof ist tief enttäuscht über Hinweise auf Unmoral und mögliche Kriminalität bei humanitären Helfern im Umfeld der Organisation", hieß es in einer Erklärung seines Büros vom Donnerstag, wie Kathpress berichtete.

(APA/AFP/Reuters/Red.)

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