Warum ein Curler zu Dopingmitteln greift

Hat der Russe Alexander Kruschelnizki dafür tatsächlich gedopt?
Hat der Russe Alexander Kruschelnizki dafür tatsächlich gedopt? (c) REUTERS (CATHAL MCNAUGHTON)
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Meldonium, ein Medikament für Herzerkrankungen, wurde in der A-Probe von Alexander Kruschelnizki festgestellt. Der Bronzemedaillengewinner ist gesund, gefährdet aber die Aufhebung von Russlands Suspendierung.

Es ist vielleicht der skurrilste Dopingfall der Olympiageschichte. Galt Doping bislang für Ausdauer- und Kraftsportarten reserviert, beschert der Fall des Russen Alexander Kruschelnizki der ganzen Problematik eine noch viel weitere Tragweite: Der Russe, 25, spielt Curling. Eine Sportart, der (vorauseilend) Hobbycharakter angedichtet wird, Anstrengungen eher selten, jedoch Konzentration und eine ruhige Hand nötig sind.

In seiner A-Probe wurde die in Russland offenbar weiterhin erhältliche, aber im Sport weltweit seit Jänner 2016 verbotene Substanz Meldonium festgestellt. Dieser Umstand irritiert aus zweierlei Sich: Dutzende Dopingfälle flogen mit diesem Mittel bereits auf, unter anderem hat es sogar Tennisstar Maria Scharapowa eine 15-monatige Sperre eingebracht. Der eigentliche Verwendungszweck des in Österreich nicht zugelassenen Medikaments: Es hilft der Durchblutung und Zellregeneration, wird bei Herzinfarkten verordnet. Aus diesem Grund ist das Mittel für Sportler attraktiv; es steigert die Ausdauer.

Der wahre Spielverderber

Im Fall von Russland fällt der Fehltritt des Curlers, der Bronze im Mixed-Bewerb gewann, aber bei positiver B-Probe umgehend zurückgeben muss, schwer ins Gewicht. Denn die Nation steht in Korea „unter Beobachtung“. Nach dem Dopingskandal bei den Winterspielen 2014 in Sotschi (Urinproben vom FSB-Geheimdienst durch ein Loch in einer Klowand ausgetauscht) wurde die Nation suspendiert.

Das IOC hatte nach einem Prüfverfahren einer Reihe von Stars die Olympiateilnahme verweigert. In Korea sind zwar „olympische Athleten aus Russland“ unterwegs, aber es gibt weder Hymnen noch Landesfarben noch Teamgewand. Bei der Schlussfeier am 25. Februar sollte – das galt IOC-intern als beschlossen – Russland zurückkehren dürfen, weil ja „Auflagen mit Bravour“ gemeistert worden wären, es keinerlei Verfehlungen gab. Eine Kommission unter Vorsitz von IOC-Mitglied Nicole Hoevertsz begutachtet sogar, ob die Russen ihrem festgelegten Verhaltenskodex folgen. Jetzt kann ein Curler diesem Schauspiel einen Strich durch die Rechnung machen. Er gefährdet die Rückkehr Russlands in die olympische Familie, zumindest wird das derzeit verlautbart.

„Sollte der Fall bestätigt werden, wird es die Bewertungskommission berücksichtigen“, erklärte Mark Adams, Sprecher des Internationalen Olympischen Komitees. Wenig später erfolgte eine Bestätigung: Der Internationale Sportgerichtshof hat ein Dopingverfahren eingeleitet. Der Sportler hat bereits das Dorf verlassen und seine Akkreditierung abgegeben.

„Er ist doch nicht so dumm!“

Sportler aus Russland gehören laut IOC-Medizindirektor Richard Budgett zu den am meisten getesteten Athleten. Curling-Trainer Sergej Belanow brachte es auf den Punkt: „Es wäre dumm, das gleiche Mittel zu nehmen, das schon für so viel Wirbel gesorgt hat. Alexander ist doch nicht dumm . . .“ Also kursierte – wie könnte es anders sein – bis zur Analyse der B-Probe eine gängige Verschwörungstheorie: Jemand müsse ihm das Mittel ins Getränk gemixt haben. (red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.02.2018)

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