Schule: Buben sind die großen Bildungsverlierer

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Buben kommen vor allem dann zu kurz, wenn sie weniger begabt sind als ihre Klassenkameraden. Die Uni Wien und das Frauenministerium wollen dies mit einer neuen Lehrerausbildung bekämpfen.

WIEN.  Buben sind die Bildungsverlierer im heimischen Schulsystem. Vor allem dann, wenn sie weniger begabt sind als ihre Klassenkameraden. Dann verpassen sie mitunter schon früh den Anschluss. Von dieser Tendenz, die für Deutschland bereits umfassend belegt ist, berichtet Christiane Spiel, Leiterin des Arbeitsbereichs „Bildungspsychologie und Evaluation“ an der Fakultät für Psychologie der Uni Wien, jetzt auch für Österreich.

Eine drastische Konsequenz zeige sich nach den neun Jahren Schulpflicht. Denn Buben würden viel häufiger als Mädchen schon nach neun Jahren von der Schule gehen – und zwar ohne positives Zeugnis. „Ohne Abschluss, und oft ohne sich zu überlegen, was das für ihr weiteres Leben heißt“, sagt Spiel. Sechs Prozent der derzeit rund 1,2 Millionen Schüler gehen ohne (positiven) Pflichtschulabschluss, heißt es dazu im Unterrichtsministerium. Hauptsächlich seien Buben betroffen.

Auch wer länger an der Schule bleibt, kommt als Bub tendenziell zu kurz: Da die Lehrerschaft in Österreich stark „verweiblicht“ ist, würden den Buben (männliche) „Role models“ fehlen, erklärt Spiel. Mit der Konsequenz, dass sich Buben noch weniger in den Unterricht einbringen als Mädchen.

Wobei auch die Mädchen im Unterricht in der Falle säßen: Indem sie eher mitarbeiten und sich angepasster verhalten, würden sie bei Prüfungen oder bei der Benotung eher „geschont“ als Buben. Denn nicht nur die Leistung wird benotet. Das habe aber zur Folge, dass sich Mädchen gerade in den vermeintlich „männlichen“ Fächern – von der Naturwissenschaft bis zur Technik – zu wenig zutrauen.

Was sich auch auf die Wahl ihrer Studienfächer auswirke: Frauen würden einschlägige Universitäten eher meiden, so Spiel. Eine Ursache für das Dilemma sieht sie auch in den Erwartungen der Lehramtsstudenten im deutschsprachigen Raum: Ein Großteil der künftigen Lehrer geht aktuellen Studien zufolge davon aus, dass Buben in den Naturwissenschaften und in der Technik schlicht begabter seien.

Mehr „Gender“ an Hochschulen?

Ein Team um Professor Spiel und das Frauenministerium wollen nun gegensteuern: Möglichst schon ab Herbst, so Spiel, sollten die Lehrerausbildner an den Pädagogischen Hochschulen intensiv auf einen „geschlechtersensiblen Unterricht“ vorbereitet werden. Durch ihre Ausbildner würden dann die Studenten sensibilisiert. Uni und Ministerium planen ein solches Projekt. Ministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) setze sich massiv dafür ein, so eine Sprecherin. Finanzieren sollen es außer dem Frauen- auch das Unterrichts- und das Wissenschaftsministerium. Die Gespräche laufen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.02.2010)

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