Rückblick: Rote Wende-Kritik

Rückblick: Rote Wende-Kritik (Ex-Finanzminister Rudolf Edinger)
Rückblick: Rote Wende-Kritik (Ex-Finanzminister Rudolf Edinger)(c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Christian Ort)
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Ex-SPÖ-Minister rechneten mit Schwarz-Blau ab.

Wien (pö). Bis heute würden die negativen Konsequenzen von Schwarz-Blau reichen, erklärte der frühere SPÖ-Finanzminister Rudolf Edlinger, der im Februar 2000 das Amt an den FPÖ-Mann Karl-Heinz Grasser übergeben musste, am Donnerstag im Presseclub Concordia in Wien. An eine SPÖ-ÖVP-Koalition glaubte er damals schon längst nicht mehr, sagte Edlinger. ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel, der Drittplatzierte, habe es mit einer Großen Koalition nicht ernst gemeint. Die Eitelkeit des Drittplatzierten bei der Nationalratswahl, mithilfe der Haider-FPÖ Kanzler zu werden, habe obsiegt.

Und heute? „Politische Schmuddelkinder befinden sich heute in hohen Staatsfunktionen“, sagte Edlinger. Ein Beispiel sei der Dritte Nationalratspräsident, Martin Graf (FPÖ). Ex-SPÖ-Sozialministerin Lore Hostasch kritisierte, es sei „einer Demokratie unwürdig“, dass „zwei rechtskräftig Verurteilte im Parlament sitzen und nicht abtreten“. Dies werde schlicht „zur Kenntnis genommen“, sagte sie, ohne die Abgeordneten Peter Westenthaler (BZÖ) und Susanne Winter (FPÖ) namentlich zu nennen.

Umverteilung, Marketinggag

Inhaltlich bemängelten die Ex-SPÖ-Minister vor allem, dass das schwarz-blaue Reformprojekt eine massive Umverteilung von unten nach oben gebracht habe – und zwar deutlich zugunsten der Unternehmer und Bauern, aber zulasten der Arbeitnehmer. Die sieben Jahre dauernde ÖVP-FPÖ-Koalition habe weiters die Arbeitslosenzahlen nach oben getrieben, vor allem unter den Jugendlichen, unterm Strich massive Einbußen bei den Pensionen gebracht und erwerbstätige Mütter gegenüber Müttern zu Hause benachteiligt.

Das „Nulldefizit“ Karl-Heinz Grassers sei ein „Marketinggag“ und nicht nachhaltig gewesen, sagte Ex-Minister Edlinger. Vor allem die Privatisierungen bzw. der „Abverkauf“ von Betrieben wie der Telekom Austria oder der VA Tech seien zu verurteilen – und schlicht nicht rückgängig zu machen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.02.2010)

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