Chinesen auf Hightech-Shoppingtour in Europa

Geely-Eigentümer Li Shufu, dem schon Volvo gehört, mischt nun auch beim Mercedes-Hersteller Daimler mit.
Geely-Eigentümer Li Shufu, dem schon Volvo gehört, mischt nun auch beim Mercedes-Hersteller Daimler mit.(c) imago/ZUMA Press (imago stock&people)
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Während die EU ergebnislos über den Schutz europäischer Hochtechnologie diskutiert, gerät nun mit Daimler ein deutsches Hightech-Starunternehmen unter chinesischen Einfluss.

Morgen, Dienstag, macht der chinesische Starunternehmer und Multimilliardär Li Shufu seine Aufwartung im Berliner Kanzleramt. Li hat den chinesischen Autokonzern Geely aufgebaut, ist über Geely unter anderem Eigentümer des Autoherstellers Volvo – und seit voriger Woche mit einem Anteil von knapp zehn Prozent größter Einzelaktionär des deutschen Mercedes-Herstellers Daimler.
Und Li hat allen Grund dazu, im Vorzimmer von Angela Merkel Stimmung zu machen, noch bevor er seinen großen Auftritt bei Daimler selbst hat: Die Deutschen sind (wie übrigens auch die EU) seit einiger Zeit zu Recht besorgt über die chinesische Shoppingtour in Europa. Seit mehr als einem Jahr wird immer wieder – freilich ergebnislos – diskutiert, wie man den Ausverkauf europäischer Hochtechnologie einbremsen könnte.
In aller Stille ist da ja schon einiges passiert: Vom deutschen Roboterspezialisten bis hin zum österreichischen Hightech-Flugzeugzulieferer FACC reicht die chinesische Dominanz bereits. Im Vorjahr haben chinesische Investoren allein in Deutschland 54 Unternehmen im Gesamtwert von fast 14 Mrd. Euro übernommen. Und bei zwei Ikonen des deutschen Wirtschaftswunders, Deutsche Bank und Daimler, stammt der jeweils größte Einzelaktionär aus dem Reich der Mitte.
An sich ist das noch nicht problematisch. Bisher beispielsweise war der größte Anteilseigner bei Daimler der kuwaitische Staatsfonds.
Allerdings: Die Scheichs aus dem Morgenland waren überwiegend an schönen Renditen interessiert. Den Chinesen unterstellen die Deutschen andere Motive: Zur geopolitischen Strategie Pekings im Rahmen seines langen Marsches zur Weltwirtschaftsdominanz (Stichwort: Neue Seidenstraße) gehört es, den Weg von der verlängerten Werkbank zum Technologieführer durch den forcierten Einkauf von Hochtechnologie über Firmenübernahmen massiv abzukürzen. Im Gegensatz zu den von versprochenen oder bereits fließenden chinesischen Investitionsmilliarden ruhiggestellten Osteuropäern und den derzeit einer ziemlich naiven Seidenstraßenromantik anhängenden Österreichern findet man das in Westeuropa (speziell im Hightech-Land Deutschland) nicht mehr lustig.

USA haben dichtgemacht

Die Amerikaner haben überhaupt schon dichtgemacht: Strategisch wichtige Bereiche und Unternehmen, bei denen „nationales Interesse“ vermutet wird, dürfen nicht mehr einfach ans Ausland verkauft werden. Chinesische Übernahmen sind in letzter Zeit auf diese Weise häufig verhindert worden.
In der EU gibt es seit einiger Zeit ähnliche Überlegungen, die aber bisher von den osteuropäischen Mitgliedern konsequent verhindert wurden. Eines der Probleme ist, dass die Sache derzeit sehr einseitig in Richtung chinesischer Interessen läuft: Während chinesische Unternehmen in Europa ungehindert Unternehmen und damit auch Hochtechnologie zukaufen können, ist der chinesische Unternehmensmarkt strikt abgeschottet. Wer dort produzieren will, kann das in der Regel nur über die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens mit einem chinesischen Partner tun. Womit den dort tätigen europäischen Unternehmen der Schutz ihrer Technologien vor allzu neugierigen Blicken erschwert bis verunmöglicht wird.
Die Strategie war bisher aus chinesischer Sicht äußerst erfolgreich, zumal europäischen und amerikanischen Konzernen ja keine Wahl bleibt, als zähneknirschend mitzumachen: Absenz vom größten Markt dieses Globus kann sich kein global tätiges Unternehmen leisten.
Die Strategie ist aus Sicht Pekings sehr geschickt und hat dazu geführt, dass China den Status der verlängerten Werkbank längst verlassen hat und dabei ist, zum ernsthaften Konkurrenten für westliche Starunternehmen auf dem Weltmarkt zu werden. Zumindest den Europäern ist zum Schutz ihrer Hochtechnologie bisher noch nicht viel eingefallen.
Für die betroffenen Unternehmen sind chinesische Miteigentümer zumindest vorerst aber nicht unbedingt ein Nachteil: Volvo beispielweise ist vom früheren Eigentümer Ford beinahe an die Wand gefahren worden. Der neue Besitzer, Geely, hat die früher schwedische Marke nun wieder in die erste Automobilliga geführt. Dass neuerdings nicht mehr Volvos von Schweden nach China geliefert werden, sondern (mit dem Modell S 90) in die umgekehrte Richtung, merkt niemand.
Auch für Daimler kann die Zusammenarbeit Vorteile bringen: Geely gilt als chinesischer Pionier in Sachen E-Mobilität und kann dem Stuttgarter Autobauer in dieser Sparte auf die Sprünge helfen. Ein kleines Problem müssen die Deutschen aber noch lösen: Sie betreiben in China bereits Gemeinschaftsunternehmen. Und zwar mit den Geely-Konkurrenten BAIC und BYD.

E-Mails an: josef.urschitz@diepresse.com

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