Analyse

Tirol: Eine Wahl, von der alle profitieren

TIROL-LANDTAGSWAHL: SOBOTKA/KURZ/PLATTER/SCHRAMB�CK
TIROL-LANDTAGSWAHL: SOBOTKA/KURZ/PLATTER/SCHRAMB�CK(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Die ÖVP machte Tirol noch schwärzer, die FPÖ legt stark zu, bleibt aber hinter der SPÖ, die Grünen verlieren nur wenig: Nach der Wahl in Tirol fühlen alle Parteien bundespolitischen Aufwind.

Wien. Verlierer? Nein, die gibt es nach der gestrigen Landtagswahl in Tirol nicht. Die ÖVP baut ihren Vorsprung aus und liegt jetzt mit mehr als 44 Prozent noch deutlicher vor dem Zweitplatzierten. Der heißt weiterhin SPÖ (17,3 Prozent, plus 3,5 Prozent), obwohl die FPÖ mit mehr als sechs Prozent die stärksten Zugewinne am Sonntag einfuhr. Die Grünen verlieren überraschend wenig, die Neos kommen erstmals in den Landtag, in dem die Kleinpartei Liste Fritz entgegen vieler Umfragen bleibt.

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Also nur Sieger – allerdings mit Abstufungen. Der größte Sieger ist nach eigenen Ansprüchen der einzige Verlierer. Denn die FPÖ wollte zweitstärkste Partei werden, um so eine ÖVP-Grüne- bzw. ÖVP-SPÖ-Mehrheit zu verhindern. Die ÖVP sollte dadurch geradezu gezwungen werden, wie auf Bundesebene auch in Tirol mit den Freiheitlichen zu koalieren. Doch dieses Ziel hat man nicht erreicht. Alle anderen Regierungsvarianten sind möglich, die FPÖ wird für eine Koalition in Tirol nicht benötigt – und dem Vernehmen nach von Landeshauptmann Günther Platter auch nicht präferiert.

Es ist schwer, das Ergebnis einer Landtagswahl auf den Bund umzulegen. Eines aber kann man aus dem gestrigen Urnengang ableiten: Das unbeholfene bis in manchen Fragen geradezu dumme Agieren der FPÖ auf Bundesebene (ein Vizekanzler, der in einem Interview den Kosovo gegen die Regierungslinie als Teil Serbiens bezeichnet, die Aussage dementieren lässt, nur um dann mit seiner schriftlichen Antwort konfrontiert zu werden) hat nicht dazu beigetragen, das Vertrauen in die Regierungsfähigkeit der Partei zu erhöhen.

Kanzlerbonus für ÖVP

Und auch einen zweiten Schluss kann man ziehen: Die ÖVP profitiert auch in den Ländern von ihrer Rolle auf Bundesebene, der Kanzlerbonus trug jetzt in Tirol ebenso wie vor einigen Wochen in Niederösterreich zum guten Abschneiden bei. Die ÖVP unter Sebastian Kurz versteht es, sich als völlig neue Partei zu präsentieren, die einheitlich auftritt, keinen Streit mehr nach außen trägt und bisher Fehler in der Regierungsarbeit vermeidet. Man hat ein Siegerimage, und das wird sich auch bei der Wahl in Kärnten am kommenden Sonntag zeigen.

Dort wird eine andere Partei endgültig den Aufschwung bekommen, den man für die Stimmung auf Bundesebene so dringend benötigt. Die SPÖ dürfte in Kärnten unter ihrem Landeshauptmann Peter Kaiser deutlich zulegen. Auch nach der Tiroler Landtagswahl kann die Partei mit sich zufrieden sein: Dass man den zweiten Platz verteidigt, war nicht selbstverständlich.

Die Presse/GK

Genauso wenig, wie dass die Grünen im Ergebnis zweistellig bleiben. Spitzenfrau Ingrid Felipe war nach ihrem glücklosen Ausflug in die Bundespolitik angeschlagen. Als Kurzzeit-Bundessprecherin musste sie den Rauswurf ihrer Partei aus dem Nationalrat mitverantworten. Die Tiroler haben ihr das offensichtlich nicht nachgetragen. So können die Grünen auch nach dem Abschneiden in Niederösterreich hoffen, dass es mit der Bewegung doch nicht vorbei ist. Freuen kann man sich aber nur kurz – die Wahl in Kärnten dürfte das nächste verheerende Ergebnis bringen.

Die Neos haben sich nach dem Einzug in den Tiroler Landtag endgültig als eine politische Größe etabliert. Ob das auch in Kärnten Bestand hat, wird sich zeigen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.02.2018)

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