Der unerbittlich lange Lauf ins Glück

Das Idyll im Birkenhain: Langlauf ist zwar ein imposantes Naturschauspiel, aber bei Olympischen Spielen zählen letztendlich nur Medaillen.
Das Idyll im Birkenhain: Langlauf ist zwar ein imposantes Naturschauspiel, aber bei Olympischen Spielen zählen letztendlich nur Medaillen.(c) REUTERS (TOBY MELVILLE)
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ÖSV-Direktor Markus Gandler trauert weiter der Medaille nach, die Langläuferin Teresa Stadlober auf ihrem "Irrweg" verspielt hat. Bei der WM 2019 in Seefeld müsse der Erfolg gelingen.

Pyeongchang. Österreich gewann 14 Medaillen bei den Winterspielen in Südkorea. Fünfmal ließ man im Österreich-Haus die Sektkorken so richtig knallen, weil ein Olympiasieg gefeiert wurde. Es waren die dritterfolgreichsten Winterspiele für das ÖOC, Österreich gewann die Alpinwertung – doch wohl nur das Drama der Langläuferin Teresa Stadlober wird für sehr lange Zeit noch in Erinnerung bleiben.

Die Radstädterin, 25, war im 30-Kilometer-Rennen in der Loipe falsch abgebogen. Stadlober vergab mit diesem, in der Szene eher seltenen Fauxpas das bereits sicher scheinende Silber und wurde letztlich nur Neunte. ÖSV-Direktor Markus Gandler war ihr noch nachgelaufen, hatte sich die Seele aus dem Leib geschrien – die erste Olympiamedaille einer österreichischen Langläuferin wurde aber an einer Abzweigung im Wald bei Alpensia klassisch „verbockt“.

Die erste Damen-Langlauf-Medaille sei sozusagen bereits „schon auf dem Silbertablett gelegen“, blickte Gandler zwiegespalten in seiner Korea-Bilanz zurück. Auch im Biathlon wäre mehr möglich gewesen als „nur“ Bronze durch Dominik Landertinger. Doch Sport sie kein Wunschkonzert, es müsse immer weiter (schneller und höher) gehen.

Und was jetzt?

Gandler, der 1998 in Nagano zu Silber über zehn Kilometer gelaufen war und bei den Winterspielen in Salt Lake City 2002, Turin 2006 sowie Sotschi 2014 die dunkelsten Dopingstunden zu erklären versuchte, wirkte zerrissen. Ein lachendes, ein weinendes Auge habe er, vieles sei gut, manches sehr gut, aber im entscheidenden Augenblick en gros auch nicht sehr optimal gemacht worden.

„Teresa war von der Leistung her top, das hat sie gezeigt. Der Rest der Mannschaft war nicht mehr ganz so wie im Weltcup. Das war zu erwarten, hier ist ein ganz anderes Ambiente. Dazu ist man auch da, da lernt man“, erklärte Gandler im Hinblick auf die Langlaufsparte. Gerade mit Blick auf die Heim-WM in Seefeld 2019 habe man tolle Erfahrungen gemacht.

Bei den Damen, abseits von Stadlober, seit der Schritt in Richtung Elite jedoch nicht geschafft worden. Da würden auch in den nächsten Jahren „noch keine Wunder passieren“, sagt er. Die Salzburgerin, betreut von ihrem ehrgeizigen, ungeheuer ambitionierten Vater, Alois, ist die Ausnahmeerscheinung auf Österreichs Loipen. An ihr führt kein Weg umhin in den kommenden Jahren, aber hinter ihr ist meilenweit auch keine andere zu sehen. „Nicht alle sind so talentiert wie Teresa“, formuliert es Gandler eher diplomatischer.

Der Blick respektive Vergleich auf und mit Norwegen ist aus österreichischer Perspektive ohnehin ein verwegener: „Wir sind keine Norweger. Man redet von fünf bis zehn Jahren, um dorthin zu kommen, wo diese Stars umlaufen.“ Das treffe nicht nur im Langlauf zu, auch im Skispringen oder im Sport generell habe man im hohen Norden eine ganz andere Einstellung, vor allem aber ganz andere Mittel und Infrastrukturen. ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel formulierte es so: „In jedem Kaff gibt es dort kleine Schanzen, bei uns zerfällt eine gerade in Mutters.“

Besseres Service für 2019

Gandler war zumindest froh, dass das ÖOC den Langläufern sieben Quotenplätze genehmigt hat. „Sonst hätten wir drei Betreuer weniger gehabt, und das wäre auch für Teresa ein Problem gewesen. In Seefeld werden wir besser aufgestellt sein mit der Service-Crew.“ Dort laufe der 30er zwar im Skating-Stil ab, er sehe aber Chancen für Stadlober über zehn Kilometer klassisch oder Verfolgung.

Edelmetall wäre der wohl wichtigste Antrieb für die Langläuferinnen, darauf wartet der ÖSV seit der WM in Ramsau 1999 (Maria Theurl, Bronze, 15 km Skating) vergebens. Wird es also 20 Jahre später passieren? Gandler: „Wir hoffen für Teresa auf eine Medaille. Gelingt eine Revanche, sind es sogar zwei. Und bei den Jungs erwarte ich Schritte in Richtung Top Ten.“ (finne)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.02.2018)

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