Gegenpressing als neue violette Spielkultur?

APA/ROBERT JAEGER
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Ab sofort soll auch in Favoriten das Umschaltspiel Einzug halten. Die Lehren aus dem ersten Auftritt von Ex-Red-Bull-Mann Thomas Letsch als neuer Austria-Trainer.

Wien/Steinbrunn. Zwölf Spiele, also exakt das letzte Drittel der Bundesligasaison, hat Thomas Letsch Zeit. Dann wird abgerechnet: Wurde das Potenzial der Austria „wieder erweckt“, wie es der Deutsche formulierte? Haben die Wiener ihre Abwehrlücken und disziplinären Probleme in den Griff bekommen, gar noch den Sprung in den Europacup geschafft? Und darf der neue Trainer weitermachen?

Denn Vertrag hat der 49-Jährige in Favoriten nur bis zum Ende der Saison bekommen. Am Montag wurde er im Trainingszentrum in Steinbrunn vorgestellt, da hatte er bereits die erste Einheit geleitet, eine „rein athletische Geschichte“ (Letsch). Erst fielen die üblichen Worte (spannende Aufgabe, Traditionsverein, tolle Fans), danach wurde es spannender. Ab sofort werde nämlich jede Trainingseinheit der Austria „Gegenpressing und schnelles Umschaltspiel“ beinhalten, kündigte Letsch an.

Ein anderes Austria-Spiel

Die Wiener sind also die nächsten, die sich offenbar mehr auf die Fehler der Gegner als auf einen eigenen Spielaufbau verlassen wollen. „An oberster Stelle steht der Erfolg“, erklärte Letsch, wenn darüber hinaus auch noch attraktiver Fußball geboten werde, schön und gut. Doch Letsch ist nur konsequent, gerade in der fehleranfälligen Bundesliga werden sich so genügend Chancen bieten, gerade, weil ohnehin kaum noch jemand Kreativität und Spielkultur beherrscht. Auch Thorsten Fink ist mit seinem Ballbesitz-Ansatz bei der Austria gescheitert. Einem schwachen Herbst samt Cup-Aus folgte ein noch schwächerer Frühjahrsstart (ein Punkt in vier Spielen). Die Folgen: Tabellenplatz sieben, der Europacup nach zuletzt zwei Teilnahmen in Folge zwölf Punkte weit entfernt. Dass die erste Saison in der neuen Generali Arena ohne internationalem Bewerb über die Bühne geht, ist mehr als wahrscheinlich.

Er verfolge „grundsätzlich etwas verschiedene Ansätze“ als sein Vorgänger, erklärte Letsch. Es scheinen wie erwartet jene zu sein, die im Red-Bull-Lager gerade perfektioniert werden. „Natürlich werde ich mit Red Bull in Verbindung gebracht, weil ich da fünf Jahre gearbeitet habe.“ Letsch heuerte 2012 bei der Akademie in Salzburg an, war dort sportlicher Leiter und später unter Roger Schmidt für ein Jahr Co-Trainer der Meistermannschaft. Von 2015 bis 2017 betreute er in der Erste Liga das Farmteam Liefering und sprang für zwei Partien als Interimscoach in der Bundesligamannschaft ein. Dort übernahm allerdings Marco Rose, Letsch ging zum deutschen Zweitligisten Erzgebirge Aue, das Engagement war nach drei Niederlagen in drei Spielen im August 2017 schnell wieder beendet.

Stichwort Lifestyle

Am Montag legte er dennoch Wert auf folgende Feststellung: „Ich bin Thomas Letsch und nicht irgendeiner von Red Bull. Ich stehe schon für einen Fußball, der eher offensiv ausgerichtet ist, wo es schnell in die Tiefe gehen soll.“ Um das zu beobachten, kommt das Heimspiel am Samstag gegen den WAC wohl zu früh, jedenfalls benötigt Letsch für sein Spiel technisch versierte, schnelle und auch treffsichere Offensivkräfte, wie sie etwa in Salzburg am Werk sind. Zuerst einmal aber eine geordnete Defensive, denn dort herrschte bei der Austria zuletzt Verwirrung.

Außerdem unverzichtbar: Topfitte Profis, die auf dem Platz wieder jene Intensität an den Tag legen, die zuletzt fehlte – Stichwort Lifestyle und Abendgestaltung in Favoriten – und die Letsch auch so vehement fordert. „Das Wichtigste ist eine hohe Intensität im Spiel und in jedem Training. Das ist, was ich von Anfang an sehen will. Keine taktisch extrem komplizierten Dinge, sondern die Basics. Dass jeder bereit ist, alles zu geben, das ist mein wichtigster Ansatzpunkt.“

Und was die Disziplin betrifft: „Für mich ist klar, wenn die Disziplin nicht vorhanden ist, kann ich sie auch nicht auf dem Spielfeld erwarten.“ Die Botschaft an die Mannschaft sei klar gewesen: „Das ist die Chance, neuen Wind reinzubringen, wieder voll anzupacken.“ So ein Trainerwechsel müsse schließlich auch mit einem Umschwung einhergehen. „Zwölf Spiele sind eine Zeit, in der man sehr viel bewegen kann.“

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