Welche Probleme es zwischen Richtern und Geschworenen bei einem Prozess um einen tödlichen Kopfschuss auf offener Straße in Wien gibt.
Wien. Der Wahrspruch der acht Geschworenen ergeht einstimmig: Shkelzen D. hat Igor Z. nicht erschossen. Kein Mord. Kein Schuldspruch. Keine Strafe. Auch alle anderen Fragen, etwa jene nach fahrlässiger Tötung, werden einstimmig verneint. Doch die drei Berufsrichter lassen den Entscheid der Geschworenen nicht gelten. Sie setzen ihn außer Kraft.
Diese Begebenheit hat sich Ende November abgespielt. Am Donnerstag landet der heikle Fall erneut in Wien vor Gericht. Ein anderer Berufsrichter-Senat (Vorsitz: Andrea Wolfrum) und auch andere Geschworene werden ans Werk gehen. Sprechen diese D. noch einmal frei, müssen die Berufsrichter dies akzeptieren.
Diese Causa beleuchtet exemplarisch Probleme der Geschworenengerichtsbarkeit. Um deren Reform wird seit Jahrzehnten gerungen. Vor allem der Umstand, dass Geschworene allein – ohne Berufsrichter-Mitwirkung – über Schuld oder Schuldlosigkeit zu entscheiden haben und ihren Spruch nicht begründen müssen (dies wäre von rechtlichen Laien auch zuviel verlangt), sorgt für Debatten.
Die türkis-blaue Bundesregierung hat – wie ihre Vorgänger – Reformen versprochen. Laut Regierungsprogramm soll es zumindest eine „Evaluierung der Ergebnisse der Arbeitsgruppe zur Reform der Geschworenengerichtsbarkeit aus Oktober 2010“ geben.