Ein Mord, zwei Prozesse: Wurde der falsche Mann angeklagt?

Der Große Schwurgerichtssaal in Wien (rechts im Bild: die Bank der Geschworenen). Nicht immer sind die Berufsrichter mit den Ergebnissen der Laien einverstanden.
Der Große Schwurgerichtssaal in Wien (rechts im Bild: die Bank der Geschworenen). Nicht immer sind die Berufsrichter mit den Ergebnissen der Laien einverstanden.HELMUT FOHRINGER / APA
  • Drucken

Welche Probleme es zwischen Richtern und Geschworenen bei einem Prozess um einen tödlichen Kopfschuss auf offener Straße in Wien gibt.

Wien. Der Wahrspruch der acht Geschworenen ergeht einstimmig: Shkelzen D. hat Igor Z. nicht erschossen. Kein Mord. Kein Schuldspruch. Keine Strafe. Auch alle anderen Fragen, etwa jene nach fahrlässiger Tötung, werden einstimmig verneint. Doch die drei Berufsrichter lassen den Entscheid der Geschworenen nicht gelten. Sie setzen ihn außer Kraft.

Diese Begebenheit hat sich Ende November abgespielt. Am Donnerstag landet der heikle Fall erneut in Wien vor Gericht. Ein anderer Berufsrichter-Senat (Vorsitz: Andrea Wolfrum) und auch andere Geschworene werden ans Werk gehen. Sprechen diese D. noch einmal frei, müssen die Berufsrichter dies akzeptieren.

Diese Causa beleuchtet exemplarisch Probleme der Geschworenengerichtsbarkeit. Um deren Reform wird seit Jahrzehnten gerungen. Vor allem der Umstand, dass Geschworene allein – ohne Berufsrichter-Mitwirkung – über Schuld oder Schuldlosigkeit zu entscheiden haben und ihren Spruch nicht begründen müssen (dies wäre von rechtlichen Laien auch zuviel verlangt), sorgt für Debatten.
Die türkis-blaue Bundesregierung hat – wie ihre Vorgänger – Reformen versprochen. Laut Regierungsprogramm soll es zumindest eine „Evaluierung der Ergebnisse der Arbeitsgruppe zur Reform der Geschworenengerichtsbarkeit aus Oktober 2010“ geben.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

BLUTTAT IN WIEN-BRIGITTENAU - MANN MIT SCHUSSWUNDE GEFUNDEN
Wien

Prozess um Kopfschuss in Wien: Geschworener womöglich befangen

Einer der Laienrichter hatte als Journalist zeitnahe über Bluttat berichtet und dürfte einen "guten Draht" zur Polizei besitzen. Die Verteidiger wollen indes weitere Sachverständige beiziehen.
Symbolbild.
Wien

Mordprozess: Wichtiger Zeuge setzte sich ab

Steht der falsche Angeklagte vor den Geschworenen?
Wien

Kopfschuss in Wien-Brigittenau: Prozess wird ab 1. März wiederholt

Die Geschworenem hatten den Angeklagten in der ersten Verhandlung freigesprochen, die Berufsrichter setzten den Wahrspruch dann aber aus.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.