Medienpolitik

Neue ORF-Räte: Politik bestellt ihre Vertreter

Die Regierungsparteien kommen mit dem heutigen Ministerratsbeschluss auf 19 der 35 Stiftungsratssitze.
Die Regierungsparteien kommen mit dem heutigen Ministerratsbeschluss auf 19 der 35 Stiftungsratssitze.Die Presse
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Es gibt neue ORF-Stiftungsräte. Vier FPÖ-Vertreter lösen SPÖler ab. Und die "gute Tradition, dass die Kirche im Stiftungsrat vertreten ist" wird auch fortgeführt.

Die Regierung hat am Mittwoch ihre neuen ORF-Stiftungsräte bestellt. Statt den bisherigen vier SPÖ-Vertretern kommen vier von der FPÖ. Auch ein VP-Vertreter, Rainer Rösslhuber, geht: Ihn ersetzt Gregor Schütze, der auf eine kurze ATV-Vergangenheit zurückblicken kann. Der Präsident des Katholischen Familienverbands, Alfred Trendl, sei "gemeinsam" nominiert worden, hieß es im Bundeskanzleramt.

Die Stiftungsratsliste wurde am Mittwoch im Ministerrat beschlossen. Dass Trendl Franz Küberl, früherer Caritas-Direktor und im Stiftungsrat als Unabhängiger, nachfolgt, hatte zuletzt für Kritik gesorgt. Trendl selbst hatte angekündigt, ebenfalls unabhängig agieren zu wollen. Am Mittwoch wollte er seine formale Bestellung für ein Statement abwarten, ließ aber von seinem Büro ausrichten: Er werde, wenn er denn im obersten ORF-Aufsichtsgremium vertreten ist, keinem Freundeskreis angehören.

"Gute Tradition, dass Kirche im Stiftungsrat vertreten ist"

Eine Sprecherin von Medienminister Gernot Blümel (ÖVP) hielt fest: "Es ist gute Tradition, dass die Kirche im Stiftungsrat vertreten ist. Daher wurde ein gemeinsamer Vorschlag eingebracht." Im Stiftungsrat gibt es kein dezidiertes Mandat für einen Vertreter der Kirche; bis 2014 saß Küberl als solcher auf einem Ticket des Publikumsrats. Ab 2014 war er von der Regierung entsandt. Trendl ist übrigens aktueller Kirchenmann im Publikumsrat.

Die FPÖ schickt Gerhard Anderl, Markus Braun, Claudia Hasenöhrl und Franz Maurer auf Regierungstickets in den Stiftungsrat. Bei den Parteienvertretern erhält die Volkspartei einen zweiten Sitz, da es nun nur mehr fünf Parlamentsparteien gibt: Diesen wird Ewald Aschauer, Wirtschaftsprofessor an der Johannes Kepler Universität Linz, einnehmen. Die Liste Pilz schickt wie bereits angekündigt die Kommunikationswissenschaftlerin Susanne Fengler.

Gregor Schütze war früher als Pressesprecher für ÖVP-Minister tätig. 2013 wechselte der damalige Sprecher von Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) als Direktor für Marketing und Finanzen zu ATV. Rund ein Jahr danach verließ er den Privat-TV-Sender wieder und machte sich selbstständig. Er besitzt eine Firma für strategische Kommunikationsberatung und betreibt gemeinsam mit seiner Frau die Plattform "Endlich durchschlafen", die ein "klares Handlungskonzept" für unterbrechungsfreien Nachtschlaf von Babys verspricht.

Geschrumpfter SPÖ-Freundeskreis verliert Leiter

Den Stiftungsrat verlassen die frühere Grüne Parteienvertreterin Marie Ringler und Günter Leitold vom Team Stronach sowie die früheren SPÖ-Regierungsvertreter Andrea Brem, Andrea Schellner, Martina Vitek-Neumayer und Heinz Lederer. Mit letzterem kommt dem geschrumpften SPÖ-Freundeskreis vorerst sein Leiter abhanden. Lederer hatte diese - inoffizielle - Funktion im Frühling 2017 übernommen. Sein schwarzes Pendant Thomas Zach ist weiterhin Mitglied. Norbert Steger für die FPÖ bleibt ebenfalls. In den vergangenen Monaten gab es immer wieder Spekulationen, er könnte den Stiftungsratsvorsitz übernehmen. Den hat derzeit noch Dietmar Hoscher (SPÖ) inne.

Regierung hat 19 der 35 Stiftungsratssitze 

Die Regierungsparteien kommen mit dem heutigen Ministerratsbeschluss - zählt man Trendl als Unabhängigen - auf 19 der 35 Stiftungsratssitze (nicht eingerechnet ist als eine Art Sonderfall der Kärntner Vertreter Siggi Neuschitzer: Er war ursprünglich von BZÖ/FPK bestellt, danach von der SPÖ-geführten Landesregierung verlängert worden). ÖVP und FPÖ haben damit schon jetzt eine deutliche Mehrheit im Stiftungsrat.

Am 17. Mai allerdings konstituiert sich das Gremium ohnehin komplett neu. Dann werden sich die roten Reihen weiter lichten, denn derzeit sind vier der sechs vom Publikumsrat nominierten Mitglieder der SPÖ zuzuordnen. Das bedeutet auch eine Zweidrittelmehrheit für Schwarz-Blau im Stiftungsrat - und somit die zumindest theoretische Möglichkeit, wesentliche Beschlüsse bin hin zu Abwahl des ORF-Generaldirektors durchzusetzen.

(APA)

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