ORF-Stiftungsrat. Die Regierung bestellte ihre Vertreter im ORF-Aufsichtsgremium – und übernimmt dort die Mehrheit.
Am Mittwoch einigte sich die Regierung im Ministerrat auf ihre Vertreter im ORF-Stiftungsrat. Die größte Umwälzung betrifft die FPÖ: Hatte die Partei bisher nur einen Sitz im Gremium, kommen nun vier FPÖ-Regierungsvertreter hinzu. Als Parteienvertreter bleibt Norbert Steger – er wird den neu entstehenden FPÖ-Freundeskreis anführen. Seit Wochen wird Steger auch als neuer Vorsitzender des ORF-Stiftungsrats gehandelt, sieht aber „jetzt einmal keinen Grund“, den derzeitigen Vorsitzenden, Dietmar Hoscher (SPÖ), abzuwählen. „Mein Problem ist ja ein anderes“, sagt Steger der „Presse“: „Ich habe lauter Neulinge – und ich kann doch nicht den Vorsitz übernehmen, während ich einen Freundeskreis einschulen muss.“ Manche der neuen FPÖ-Kollegen kennt Steger gar nicht: „Ich habe selbst googeln müssen – und Heinz-Christian Strache nachher lauter Fragezeichen geschickt.“

Für die FPÖ in den Stiftungsrat einziehen werden: Gerhard Anderl (er ist Orthopäde in Wiener Neustadt und an der Privatklinik Döbling und Vizepräsident der Jörg-Haider-Gesellschaft) – ihn kennt Steger von der gemeinsamen Zeit bei den Wiener Sängerknaben. Alle anderen kennt er nicht persönlich: Markus Braun ist bei Sigma Investment im Vorstand. Dazu kommen als neue FPÖ-Räte Franz Maurer (er war Vorstand beim Beteiligungsunternehmen Arques Austria und Mitgeschäftsführer der Nachrichtenagentur DAPD) und Claudia Hasenöhrl, die nicht nur für Steger, sondern auch für FPÖ-Mediensprecher Hans-Jörg Jenewein noch ein unbeschriebenes Blatt ist. Sie ist bei der Voest Alpine Personal Services in der Abteilung Finanzen und Controlling.
ÖVP/FPÖ: „Gemeinsam“ für Trendl
Die ÖVP tauscht einen ihrer Regierungsvertreter aus: Gregor Schütze folgt auf Rainer Rösslhuber. Schütze stand einst als Ministersprecher in ÖVP-Diensten, wechselte 2013 von Finanzministerin Maria Fekter zum Privatsender ATV, wo er ein Jahr blieb. Er ist selbstständiger Kommunikationsberater und betreibt mit seiner Frau eine Baby- und Kinderschlafberatung (endlich-durchschlafen.at). Durch die politische Machtverschiebung im Nationalrat stehen der ÖVP künftig zwei Parteienvertreter im Stiftungsrat zu: Neben Thomas Zach wird das Ewald Aschauer sein. Er ist Wirtschaftsprofessor an der Johannes-Kepler-Universität Linz.
Gemeinsam einigten sich ÖVP und FPÖ auf den Präsidenten des Katholischen Familienverbands, Alfred Trendl, als Nachfolger von Franz Küberl. Der frühere Caritas-Direktor saß als Unabhängiger auf einem Regierungsticket im Rat, Trendl erklärte, er wolle ebenso unabhängig agieren. An sich gibt es kein gesetzliches Stiftungsratsmandat für einen Kirchenvertreter mehr. Es sei aber „gute Tradition, dass die Kirche im Stiftungsrat vertreten ist“, sagte eine Sprecherin von Minister Gernot Blümel (ÖVP) der APA.
Den Stiftungsrat verlassen müssen Marie Ringler (Grüne), Günter Leitold (Team Stronach) sowie die SPÖ-Räte Andrea Brem, Andrea Schellner, Martina Vitek-Neumayer und SPÖ-Freundeskreisleiter Heinz Lederer. Dafür hat die Liste Pilz mit der Kommunikationswissenschaftlerin Susanne Fengler nun eine Vertreterin im Gremium. Wenn man Trendl und den Kärntner Siggi Neuschitzer (einen politischen Sonderfall – siehe Grafik) nicht dazurechnet, haben ÖVP und FPÖ ab der Sitzung am 22. März 19 von 35 Stimmen – eine deutliche Mehrheit im Stiftungsrat.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.03.2018)