Was Österreich durch das Dieselverbot verliert

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Symbolbild. (c) APA/AFP/dpa/INA FASSBENDER (INA FASSBENDER)
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Die Dieselfahrverbote in Deutschland sind nur der Anfang. In Österreich soll sich zwar nichts ändern, doch die Zulieferindustrie muss dennoch bangen. Denn immer mehr Autobauer wenden sich von der Technologie ab.

Wien. Seit die deutschen Verwaltungsrichter dem Dieselfahrverbot ihren Sanktus gegeben haben, sind die Schleusen geöffnet: Auch die Ewige Stadt, Rom, werde ab dem Jahr 2024 kein einziges Dieselauto mehr einfahren lassen, ließ Bürgermeisterin Virginia Raggi von der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung wissen. In Österreich werde sich hingegen nichts ändern, erteilte Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) den Forderungen nach Fahrverboten etwa in Graz eine Abfuhr. Auch das Ende des Steuervorteils für den Diesel sei kein Thema.

Folgen wird das deutsche Urteil für Österreich dennoch haben. In Österreich werden zwar immer noch sechs von zehn Pkw mit Diesel betankt. Doch in ganz Europa lässt die steigende Unsicherheit Autokäufer deutlich seltener zu Dieselmodellen greifen als früher.

Entsprechend reserviert stehen die Produzenten dem Diesel gegenüber. So soll der US-italienische Autobauer Fiat Chrysler noch diesen Sommer den Abschied vom Dieselmotor ab 2022 verkünden, berichtet die „Financial Times“. Zu gering sei das Interesse, zu hoch die Kosten für die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte. Der chinesisch-schwedische Volvo-Konzern will sich gleich ganz aus dem Geschäft mit Verbrennungsmotoren zurückziehen. Und auch deutsche Autobauer stecken ihre Energie lieber in die Elektromobilität als in die Weiterentwicklung ihrer alten Stärke, des Dieselmotors.

Jeder 19. Job könnte wackeln

Das wiederum kann die starke österreichische Zulieferbranche hart treffen. Nach einer Schätzung der Wirtschaftskammer hängen gut 125.000 Arbeitsplätze im Land direkt und weitere 105.000 indirekt mit dem wirtschaftlichen Erfolg des Dieselantriebs zusammen. In Summe wäre jeder 19. Beschäftige in Österreich betroffen. Gemeinsam erwirtschaften diese Unternehmen 17,2 Milliarden Euro an Bruttowertschöpfung. Zwar gibt es auch Studien (etwa der TU Wien mit dem Fraunhofer-Institut), die Österreich auf dem E-Mobilitätsmarkt gute Karten bescheinigen. Aber der dafür nötige Umbau der Branche hat nicht so richtig begonnen.

Eine Alternativlösung für das Umweltproblem legte unterdessen der ÖAMTC auf den Tisch: Statt das Fahren zu verbieten, solle der Staat die Verschrottung alter Dieselautos (bis Euro 3) fördern. Sie stellen ein Drittel aller Dieselautos, sind aber für die Hälfte aller Stickstoffoxide und 95 Prozent des Feinstaubs verantwortlich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.03.2018)

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