Testessen im Ignaz Jahn: Fast souverän am Augarten

Ignaz Jahn
Ignaz JahnCarolina Frank
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Das ehemalige Ü-Lokal in der Oberen Augartenstraße wurde von Florian Kern und Tobias Stolle neu übernommen - und zwar inklusive Käsknöpfle.

Für Käsknöpfle liebende Anrainer war die Bangheit angesichts der Neuübernahme groß: Ob es dieses Seelenfutter wohl weiterhin geben wird, auch wenn das Ü-Lokal nicht mehr ist? Die beruhigende Antwort: ja. Der beliebte Hort Vorarlberger Küche am Wiener Augarten wurde unlängst von zwei jungen Männern, Florian Kern und Tobias Stolle, zum Ignaz Jahn gemacht. Namensgeber: ein kaiserlicher Hoftraiteur, wie derzeit alle Gastrokritiker brav googeln und wie auch die Homepage des Lokals verrät. Wer auf dieser bis Redaktionsschluss zu Unrecht nicht erwähnt wird, ist Georgios Pappas, der Koch, der vom Ü übernommen wurde.

Das Lokal selbst wurde nicht verändert und gibt sich nüchtern wie bisher. Die leeren Wände wollen die Betreiber bald mit wechselnder Kunst bespielen heikel. Dringender wäre, für charmanteres Licht zu sorgen und vielleicht die Trübsinn stiftenden Tischsets zu entfernen. Was indes auf diesen platziert wird, kann sich in seiner Souveränität sehen lassen. Die Ambitionen des Teams sind hoch, aber nicht so hoch, dass man ins Strudeln käme. Die Preise: mitunter unglaublich niedrig fraglich, ob man das so durchhält. (Auch fraglich: wie lang es die derzeit äußerst großzügigen Öffnungszeiten von 8 bis teilweise 2Uhr geben wird.) Um 7,80 Euro kommt ein beachtliches Stück Lachsforelle, außen mit Bedacht säuregegart und erst danach in Scheiben geschnitten, mit gehobeltem Fenchel, rosa Grapefruitfilets, Mandeln, Dillöl und winzigen Erdäpfeln kombiniert. Ein gekonnter, erfrischender Gang mit Substanz.

Carolina Frank

Die aufwendige Charcuterie-Platte unter anderem mit Krenobersgelee und Röstzwiebelbutter! könnte auf einem Brett statt auf dem weißen Fadgasgeschirr noch mehr Punkte einheimsen. Für 2018 wurde übrigens die Rückkehr der Brettljause prognostiziert. Dafür, dass das (handgeschnittene) Beef Tatar nicht wie so oft mit roter Würze betäubt wird, entschuldigt sich das Service geradezu. Weiters auf der Karte: Miesmuschel-Chowder mit Salzzitronen, Hühner-Supreme mit wunderbar klassischem Frikassee und witzigem knusprigen Zitronenrisotto oder Rinder-Shortribs mit gebratenem Chinakohl, Speckjus und Krenschaum. Letzteres ist die einzige Schwachstelle der Küche an diesem Abend: Das gelatinöse Fleisch und der Kohlstrunk hätten deutlich längere Garzeiten gebraucht. Und auch die Weinkarte hat noch Potenzial. Für etwaige Nur-Käsknöpfle-Gäste reicht freilich, ganz klassisch, Schnaps.

Infos

Ignaz Jahn, Obere Augartenstr. 46, 1020 Wien, Tel: +43/(0)1/890 72 10, Di-Sa: 12-24 Uhr,
Mo, So und feiertags geschlossen

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