Ungarn: Kneissl geht freundlich auf Distanz

Karin Kneissl.
Karin Kneissl. (c) APA/AFP/ELVIS BARUKCIC (ELVIS BARUKCIC)
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Bei ihrem Besuch in Budapest betonte Außenministerin Karin Kneissl vor allem Sachthemen. Die Botschaft: Wien gedenkt nicht, sich in Orbáns Fahrwasser zu begeben.

Budapest. Als die neue österreichische Regierung gewählt wurde, war die Freude in Budapest groß. Kanzler Sebastian Kurz, so hoffte man, würde gemeinsam mit Ungarns Ministerpräsidenten, Viktor Orbán, Brüssel die Stirn bieten und sich von den Deutschen nichts mehr sagen lassen. Orbán hätte ihn am liebsten gleich in Budapest gesehen. Das wollte Kurz aber nicht, stattdessen ging Orbán nach Wien. Kurz, so hieß es in Orbáns Umfeld, werde aber bald nach Budapest kommen. Das ist immer noch nicht passiert. Stattdessen kam erst einmal Außenministerin Karin Kneissl. Die Berichterstattung in Ungarn nach den Gesprächen mit ihrem Amtskollegen, Péter Szijjártó, am Donnerstag geriet unterspielt. Eine knappe Meldung der Nachrichtenagentur MTI zitierte Szijjártó mit der Floskel, wie wichtig Österreich für Ungarn sei, und die Ministerin mit der Aussage, man habe sich über Österreichs anstehende EU-Präsidentschaft unterhalten, bei der es vor allem um das Thema Subsidiarität gehen werde.

Überschwänglich klang das nicht, und auch im Hintergrundgespräch der Österreicher vor dem Treffen überwog freundliche Distanz. Es war, als wollte die Wiener Führung die zeitweise herbeigeschriebene Vision einer herzlichen Nähe zwischen Kurz und Orbán dämpfen. In der vorab dargereichten Liste der geplanten Gesprächsthemen standen Dinge wie Verkehrsinfrastruktur und dass man auch Kritik deutlich machen wolle – etwa an Orbáns restriktiver Politik gegenüber der Zivilgesellschaft. Die Außenministerin war betont offen in das Gespräch gegangen, da die Dynamik solcher Begegnungen immer Überraschungen bringen könne. In der Pressekonferenz kam dann aber nichts zur Sprache, was nicht bereits im Vorfeld erwähnt worden wäre. Es sei um die Wirtschaftsbeziehungen gegangen, sagte Kneissl, und da seien Transparenz und Rechtssicherheit für Österreichs Investoren wichtig. Es klang so, als müsse daran in Ungarn gezweifelt werden.

Immerhin, Subsidiarität bedeutet die Kompetenzverteilung zwischen der EU und ihren Mitgliedstaaten. Österreich will da, wie Ungarn, eher weniger als mehr Kompetenzen für Brüssel. Da dürfte Einvernehmen bestehen.

Es ist aber scheinbar nicht so, dass man sich in Wien ein Leben ohne Orbán nicht vorstellen kann. Natürlich sei Stabilität wichtig, hieß es im Hintergrundgespräch der Österreicher mit Hinblick auf die anstehenden Wahlen in Ungarn. Freilich könne Stabilität auch zu Stagnation führen, in welchem Fall ein etwaiger neuer Schwung als Folge eines hypothetischen Machtwechsels positiv sein könnte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.03.2018)

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