Slowakei: Verhaftungen nach Journalistenmord

Premierminister Robert Fico mit einer Million Euro in bar, die er zur Ergreifung der Täter im Mordfall Kuciak ausgesetzt hat.
Premierminister Robert Fico mit einer Million Euro in bar, die er zur Ergreifung der Täter im Mordfall Kuciak ausgesetzt hat.(c) APA/AFP/VLADIMIR SIMICEK (VLADIMIR SIMICEK)
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Nach der exekutionsartigen Erschießung des Enthüllungsjournalisten Ján Kuciak und seiner Freundin am Wochenende wurden mittlerweile drei tatverdächtige Italiener festgenommen.

Bratislava. Nach dem Mord an einem Enthüllungsjournalisten und seiner Verlobten am Wochenende stehen die slowakischen Behörden unter ganz besonderem Druck: Die Polizei braucht nicht nur Hinweise auf die Täter, sondern auch Beweise dafür, dass sie in diesem Fall ohne politische Einflussnahme arbeitet.

Polizeipräsident Tibor Gašpar kommt also nicht mehr zur Ruhe. Auch er hatte sich gegenüber Journalisten wegen deren seit über zwei Jahren laufenden Recherchen gegen seinen Chef, Innenminister Robert Kaliňák, oft zynisch geäußert. Seit dem brutalen Mord aber stellt er sich mehrmals täglich vor TV-Kameras, präsentiert Zwischenergebnisse und bittet um Verständnis, dass er nicht viel sagen könne, um die Ermittlungen nicht zu gefährden.

Am Donnerstag nun verkündete er die Verhaftung von zunächst drei italienischen Geschäftsleuten in der Ostslowakei, die in den aufgefundenen Recherchen des Ermordeten vorgekommen waren. Es würden weitere Festnahmen folgen, „insgesamt bis zu zehn Personen“, hieß es.

Im Stil einer Exekution

Der Journalist Ján Kuciak (27) und seine Verlobte, Martina Kusnirova, waren in ihrem Haus im Dorf Ve'lká Mača in der Westslowakei zwischen Bratislava und Nitra tot aufgefunden worden. Sie waren durch Schüsse in Kopf und Brust im Stil einer Exekution getötet worden. Kuciak hatte über die Verfilzung von Politik und Geschäftemacherei recherchiert und war auf mögliche Verbindungen italienischer Mafiaclans zu slowakischen Politikern und Beamten gestoßen. Seine unvollendete letzte Reportage dazu wurde mittlerweile in mehreren slowakischen und deutschen Medien veröffentlicht.

Die Fahndung nach den Tätern läuft in Kooperation mit der italienischen, tschechischen und deutschen Polizei. Die Reportage sollte offensichtlich ein Netzwerk italienischer Mafiosi mit Verbindungen bis in slowakische Regierungsstellen offenlegen.

Polizeipräsident Gašpars Hoffnung auf Tipps aus Italien dürfte nicht ohne Vorwürfe bleiben, dass die Slowakei die von ihm so genannte „italienische Spur“ nicht seit Langem wegen Verdachts auf Wirtschaftskriminalität verfolgt hat. Die kalabrische Staatsanwaltschaft erklärte nämlich am Donnerstag, sie habe internationale und slowakische Behörden schon vor geraumer Zeit auf die nun Festgenommenen aufmerksam gemacht. Man habe gesagt, dass die Gruppe beobachtet gehöre, so Staatsanwalt Gaetano Paci. Man wisse, dass die drei sich verdächtig bereichert hätten. Bei den Festgenommenen handelte es sich um Antonino Vadala und seinen Bruder Bruno sowie möglicherweise um einen Cousin der beiden. Vadala erscheint in der unvollendeten Reportage Kuciaks als wichtigster Drahtzieher eines kalabrischen Mafianetzes in der Slowakei.

Betrug bei EU-Förderungen

Die Italiener sollen nach den Recherchen des Ermordeten mit kalabrischen Mafiagruppen in Verbindung stehen und sich in der Slowakei auf Steuerbetrug und Betrug im Konnex mit EU-Förderungen spezialisiert haben. Kuciak wies darauf hin, dass die Italiener ein Netzwerk an Verbindungen bis ins Büro des linken slowakischen Regierungschefs, Robert Fico, aufgebaut hätten. So soll seine Assistentin, Maria Trošková, eine Exgefährtin von Antonino Vadala gewesen sein.

Trošková lässt seit Mittwoch ebenso wie ein anderer mit Vadala in Verbindung gebrachter Fico-Vertrauter die Tätigkeit im Regierungsamt ruhen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.03.2018)

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