Bald drei Jahrzehnte bei "Tatort": "Das ist schon auch crazy"

Die Wiener „Tatort“-Kollegen findet Ulrike Folkerts super – vor allem Bibi Fellner.
Die Wiener „Tatort“-Kollegen findet Ulrike Folkerts super – vor allem Bibi Fellner.(c) Clemens Fabry
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Ulrike Folkerts über die Ecken und Kanten von Kommissarin Lena Odenthal und darüber, was sie mit ihrer Rolle (nicht) gemeinsam hat.

„Es gibt kein Ohne mehr“, sagt Ulrike Folkerts: „Selbst wenn ich es jetzt hinschmeißen würde: In vielen Köpfen bin ich das.“ Das, das ist Lena Odentahl – die „Tatort“-Kommissarin, als die Folkerts seit 1989 in Ludwigshafen ermittelt. Diese beinah drei Jahrzehnte machen sie – die nun für die Romy nominiert ist – zur längstdienenden Kommissarin des Sonntagskrimis. „Das ist schon auch crazy.“

„Jeder kennt mich, ich werde als Frau Odenthal angesprochen: Das gehört dazu, damit muss man umgehen lernen. Wahrscheinlich wäre ich überrascht, wenn das schlagartig aufhören würde“, sagt sie mit ihrer dunklen, ein bisschen rauen Stimme, die Fans von der Kommissarin kennen, und lacht. Das tut Folkerts freilich deutlich öfter als die doch meist eher herbe, ziemlich einzelgängerische und manchmal ein bisschen ruppige Polizistin.

„Ich bin ganz anders als die Lena Odenthal“, sagt sie. Nicht nur, weil sie niemals zur Polizei gegangen wäre und das auch heute nicht tun würde, geschweige denn, um Morde aufzuklären („Das ist sicher hart, man kuckt da in menschliche Abgründe . . .“). Sondern eben auch als Person: „Ich bin viel geselliger, ich liebe meine Freundin, ich rede gern, ich bin nicht so eine Einzelgängerin und schon gar nicht so stur“, sagt sie und lacht wieder. „Ich finde Katzen auch gut, aber ich kümmere mich dann auch mehr um die.“

Die Katze bleibt im „Tatort“ jedenfalls erhalten – als Odenthals nunmehr einzige Mitbewohnerin, nachdem ihr WG- und Polizeikollege Mario Kopper (Andreas Hoppe) zuletzt nach mehr als zwanzig Jahren ausgeschieden ist. Es bleibt ein Team aus zwei sehr unterschiedlichen Frauen, gemeinsam mit Johanna Stern (Lisa Bitter). „Das heißt: Lena Odenthal ist nochmal mehr allein, noch mal einzelgängerischer, noch mal sperriger in der Kommunikation“, sagt Folkerts. Und das ist auch gut so.

„Muss laut und streitbar bleiben“

Denn es gab eine Phase, in der sie mit dem Gedanken spielte, den „Tatort“ sein zu lassen – die Drehbücher seien langweilig gewesen, keiner habe sich um die Figuren gekümmert, und von ihrer Rolle habe man verlangt, immer empathischer zu werden. „Und ich dachte: Hallo? Lena Odenthal muss irgendwie laut und streitbar bleiben. Das erkämpfe ich mir gerade erst wieder zurück.“ Interessant sei es, auch für sie, wenn die Figur ihre Ecken und Kanten habe – und auch einmal falsch liege.

Damit nicht alles immer nur „Tatort“ ist – Folkert dreht die Krimis zweimal pro Jahr fünf Wochen –, spielt sie zwischendurch Theater. „Um mir selbst und allen, die Lust haben, zu beweisen, dass ich Schauspielerin bin und auch etwas anderes kann.“ Derzeit in Mannheim als Kosmetikvertreterin in „Für immer schön“. In der Filmbranche sei es allerdings schwieriger: „Wir haben keine Geschichten über Frauen, die über 50 sind. Das ist doch verrückt, oder? Da müssen wir dranbleiben und uns gegenseitig unterstützen.“ Und zur #MeToo-Debatte, die zuletzt auf der Berlinale wieder Thema war, sagt Folkerts: „Wir müssen besser untereinander aufpassen.“ Es sei gut, dass das zur Sprache komme, dass sich alle Gedanken machen, wie sie sich verhalten sollen. Was sie erlebt hat, sind Vorfälle im Kleinen: „Dass man etwa plötzlich eine Hand am Hintern hat, obwohl das nicht im Drehbuch steht.“

„Wenn, dann eine Überraschung“

Zurück zum „Tatort“: Die Wiener Kollegen findet Folkerts super, besonders Kommissarin Bibi Fellner (Adele Neuhauser). Ihre eigenen Lieblings-„Tatorte“ in Ludwigshafen? Einer, der sich mit Jugendlichen befasste, die auf der Straße leben, ein anderer über Ehrenmorde. „Wenn es kein spannender Krimi ist, sollte es zumindest ein gesellschaftlich relevantes Thema behandeln“, meint sie. „Im besten Fall beides – aber das gelingt nicht immer.“

Folkerts macht jedenfalls als Kommissarin weiter – solang es sie interessiert und solang das Publikum einschaltet. Was man sich zum 30. Jubiläum erwarten darf, darüber hält sie sich bedeckt. „Wenn, dann gibt es eine Überraschung.“ Die könnte es auch beim morgigen Sonntagskrimi geben: im Ludwigshafener „Tatort“ wurden die Dialoge diesmal nämlich improvisiert.

ZUR PERSON

Ulrike Folkerts (56) ermittelt seit 1989 als „Tatort“-Kommissarin Lena Odenthal in Ludwigshafen. Sie ist die längstdienende Kommissarin der Reihe und als solche für den Fernsehpreis Romy nominiert. Odenthals „Tatort“-Kollege Mario Kopper (Andreas Hoppe) ist kürzlich ausgeschieden, das Ludwighafener Team besteht nun aus zwei Frauen, mit Johanna Stern (Lisa Bitter). Morgen, Sonntag, wird der jüngste Ludwigshafener „Tatort“ ausgestrahlt – ein Experiment: „Waldlust“ wurde improvisiert, die Dialoge sind während des Drehs entstanden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.03.2018)

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