Rundfunkgebühr: Schweizer wollen zahlen

Auch Linke wie die Schweizer Grünen wollen öffentlich-rechtliche Medien beibehalten, da sie „nationale Identität“ stifteten.
Auch Linke wie die Schweizer Grünen wollen öffentlich-rechtliche Medien beibehalten, da sie „nationale Identität“ stifteten.(c) REUTERS (DENIS BALIBOUSE)
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Bei einem Referendum stimmte am Sonntag eine überwältigende Mehrheit für die Beibehaltung der Abgabe für die SRG.

Bern. Die Schweizer wollen die verpflichtenden Rundfunkgebühren beibehalten: In einer Volksabstimmung lehnten am Sonntag 71,6 Prozent laut Hochrechnung des Umfrageinstituts gfs.bern vom Nachmittag eine Abschaffung der Gebühren ab. Da waren schon etwa 54 Prozent der Stimmen ausgezählt, weshalb sich laut Statistikern am Endergebnis nicht mehr viel ändern sollte. Stimmberechtigt waren rund 5,3 Millionen Bürger.
Die Abstimmung war der Höhepunkt zum Teil heftig geführter monatelanger Diskussionen, die in der Schweiz wie kaum ein anderes Thema in den vergangenen Jahren polarisiert hat. Der Anstoß zum Volksentscheid über die Rundfunkgebühr kam von der Initiative „No Billag“ – Billag ist die Schweizer Gebühreneinzugszentrale, das Pendant zum österreichischen GIS (Gebühren Info Service); der Name ist eine Kunstschöpfung aus dem englischen „Bill“ (Rechnung) und der Abkürzung für Aktiengesellschaft (AG).
Die Initiative hatte freilich einen recht beschränkten Unterstützerkreis: Als einzige Partei hat sich die rechtspopulistische Schweizerische Volkspartei (SVP) hinter No Billag gestellt, wobei sie immerhin die größte Partei der Schweiz ist (rund 30 Prozent bei der Wahl 2015). Angeführt wurde die Initiative von Mitgliedern der Jungen SVP und der „Jungfreisinnigen“, die den Liberalen der FDP nahestehen.

„Nicht mehr zeitgemäß“

Die Befürworter der Gebührenabschaffung hatten argumentiert, dass öffentliche Radio- und Fernsehsender der SRG auch mit Werbung und Abonnenten überleben könnten, dass sie zu teuer und unzeitgemäß seien. Alle anderen großen Parteien und viele Vereinigungen warben für ein Nein. Hätte die Initiative gesiegt, wäre der öffentlich-rechtliche Rundfunk vor dem Aus gestanden: Die SRG wird zu 75 Prozent durch die Billag-Abgaben finanziert. Tausende Arbeitsplätze waren in Gefahr. Es wurde auch von linken Parteien und Gruppen interessanterweise auch mit der Angst vor einem „Identitätsverlust“ nach dem Wegfall nationaler Medien argumentiert.
Die Gebühr in der Schweiz liegt bei jährlich umgerechnet rund 390 Euro pro Haushalt. Durch die Debatte wurde immerhin erreicht, dass die Rundfunkgebühr ab 2019 deutlich sinken soll, zudem hat die SRG eine gewisse „Überblähung“ eingeräumt und will Sparmaßnahmen setzen.
Auch in Ländern wie Deutschland und in Österreich schwelt eine Debatte über solche Gebühren. Die FPÖ propagiert ein Aus für die „Zwangsgebühren“. Bei einer großen Enquete wollen die Regierungsparteien demnächst auch die Finanzierung des ORF durchchecken. Die ORF-Gebühr beträgt laut ORF 17,21 Euro monatlich, doch werden mit ihr weitere Bundes- und Landesabgaben eingehoben, sodass die GIS-Rechnung zwischen 20,93 und 26,73 Euro erreicht. Die Gebühren sind mit Abstand größter Einnahmeposten des ORF: Für 2018 sind etwa 635 Millionen Euro aus dem Titel budgetiert, verglichen mit 225,6 Millionen Euro an Werbeeinnahmen.
In Deutschland hatten sich bei einer Umfrage zuletzt 55 Prozent für den Erhalt der öffentlichen Sender ARD und ZDF ausgesprochen. 39 Prozent waren für die Abschaffung des vorwiegend über Gebühren finanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks, sechs Prozent waren unentschieden. (ag./red.)

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