Hausdurchsuchungen im BVT: "Können nicht die Augen verschließen"

PK 'VERFASSUNGSSCHUTZBERICHT 2013': GRIDLING
PK 'VERFASSUNGSSCHUTZBERICHT 2013': GRIDLINGAPA/HERBERT NEUBAUER
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Das Justizministerium prüft, ob die Hausdurchsuchung im Verfassungsschutz gerechtfertigt war. Dabei sollen umfangreiche Daten aus dem Extremismus-Referat kopiert worden sein.

Nach den aufsehenerregenden Hausdurchsuchungen beim Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) wegen Verdachts des Amtsmissbrauchs schaltet sich nun das Justizministerium ein. Generalsekretär Christian Pilnacek bestätigte am Donnerstag die Überprüfung der Hausdurchsuchungen im Rahmen der Fachaufsicht. Es soll überprüft werden, ob die Staatsanwaltschaft richtig gehandelt hat und wie es zu den Durchsuchungen auf Anordnung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) kam.

Es geht um Hausdurchsuchungen beim BVT. Laut "Standard", "Profil"  und "Zib2" sollen in der vergangenen Woche schwerbewaffnete Beamte der "Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität" mit Sturmhauben und schusssicheren Westen die Räumlichkeiten des BVT sowie auch Privatwohnungen durchsucht haben. Grund dafür war der Verdacht auf Amtsmissbrauch. Es geht um den Vorwurf des Datenmissbrauchs sowie um die Veruntreuung von Geldern. Drei Mitarbeiter wurden suspendiert.

"Festplatte der Leiterin des BVT-Extremismusreferats kopiert"

Laut den Medienberichten soll bei diesen Durchsuchungen allerdings auch Datenmaterial beschlagnahmt worden sein, "dass in keinem erkennbaren Zusammenhang zu dem laufenden Ermittlungsverfahren der Korruptions-Staatsanwaltschaft (WKStA) wegen vermuteten Amtsmissbrauchs steht". Demnach soll "die Festplatte der Leiterin des BVT-Extremismusreferats Sibylle Geißler kopiert und mitgenommen" worden sein. Damit sei, wie "Profil" und "Standard" berichten, "de facto der gesamte Extremismus-Ermittlungsstand des BVT zurück bis ins Jahr 2006, darunter auch Erkenntnisse des Verfassungsschutzes zu Burschenschaftern und Identitären", kopiert wurden. Doch nicht nur das sorgt für Aufregung.

Auch die Tatsache, dass ausgerechnet die Experten für Straßenkriminalität, deren Einheit vom freiheitlichen Gewerkschafter und Gemeindepolitiker Wolfgang Preiszler geleitet wird, die Hausdurchsuchungen durchführte, sorgt für Kritik. Zudem sei die finale Entscheidung zur Hausdurchsuchung von dem - von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) installierten - Generalsekretär Peter Goldgruber gekommen.

Wegen all dieser Vorwürfe wird nun das Justizministerium aktiv. "Grundsätzlich besteht gar kein Verdacht", dass die Hausdurchsuchungen nicht verhältnismäßig gewesen seien, sagt Pilnacek, aber wenn man sich die Medienberichterstattung der vergangenen Tage anschauen, dann häufe sich Kritik. "Wir können hier auch nicht die Augen verschließen, sondern müssen und wollen das auch überprüfen", sagt der Generalsekretär des Justizressorts im "Ö1-Morgenjournal". Es könne auch sein, dass alles ordnungsgemäß abgelaufen sei. Die Oberstaatsanwaltschaft Wien prüft die Sache nun.

Goldgruber spricht von "Fake News"

Innenministeriums-Generalsekretär Peter Goldgruber nennt Medienberichte zur Hausdurchsuchung im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) "Fake News". Dass sich das Innenministerium "durch eine von einem FPÖ-Mitglied geführte Einheit Zugang zu Rechtsextremismus-Daten" verschaffen habe wollen, wies er als "medial konstruierte Geschichte" zurück.

Die Hausdurchsuchungen seien "von Staatsanwälten geleitet (worden), die allfällige Daten mit eigenem Personal gesichert und auch mitgenommen haben". Die Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS) sei "für den Einsatz angefordert" worden und habe "diese staatsanwaltlichen Aktionen lediglich begleitet". Welche Daten bei den Hausdurchsuchungen beschlagnahmt wurden, "entzieht sich der Kenntnis des Innenministeriums sowie auch der der eingesetzten EGS-Polizisten, die zu keinem Zeitpunkt in Besitz dieser Daten waren". Die Daten lägen bei der WKStA und würden von dieser ausgewertet.

Angeblich soll neuer BVT-Chef kommen

BVT-Chef Gridling ist unterdessen laut "Standard" in Urlaub gegangen. Am 20. März läuft sein alter Vertrag aus - und an diesem Tag soll laut der Zeitung zumindest interimistisch ein neuer BVT-Chef verkündet werden. Gridlings Vertrag sei aber im Herbst de facto verlängert worden, denn er erhielt nicht die sechs Monate vor Funktionsende übliche Information über die Nichtverlängerung.

Am 20. März werden sich auch Parlamentarier mit der Causa beschäftigen - in der Sitzung des (vertraulich tagenden) ständigen Unterausschusses des Innenausschusses zur Kontrolle der Nachrichtendienste. Bis dahin soll der Bericht des Justizministeriums laut Pilnacek vorliegen.

Auf jeden Fall das Innenministerium verlassen wird ein langjähriger hochrangiger Mitarbeiter: Michael Kloibmüller wird auch seine Funktion als Leiter der Präsidialsektion zurücklegen und in die Privatwirtschaft wechseln. Laut Innenministerium tut er dies auf eigenen Wunsch, berichtete das ORF-"Abendjournal". Kloibmüller hatte seine Karriere im Kabinett von Ernst Strasser gestartet, war zwischenzeitlich auch im Gesundheitsministerium tätig - und wurde im Februar 2017 von Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) zusätzlich zu seiner Funktion als Kabinettschef auch zum Leiter der Präsidialsektion bestellt. Dass er diese Doppelbelastung wieder aufgab, begründete er Oktober auch mit gesundheitlichen Gründen.

>>> Bericht im "Standard"

>>> Bericht im "Profil"

(Red.)

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