Die Ängste der Manager 50 plus

Clemens Fabry
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Führung. Jüngere Chefs, Digitalisierung – viele Themen sorgen ältere Manager. Wie (junge) Vorgesetzte damit umgehen können, verrät Organisationspsychologe Hans Rosenkranz.

Wie können junge Chefs ihren Managern 50 plus die Angst vor der Digitalisierung nehmen? Diese Frage steht exemplarisch für das nicht immer friktionsfreie Zusammenspiel der Generationen im Unternehmen. Kritische Widerstände ernst zu nehmen, in konstruktive Kooperation zu wandeln, rät der deutsche Wirtschaftspädagoge, Organisationspsychologe und Familientherapeut Hans Rosenkranz.

Was braucht es, damit ältere Mitarbeiter und ein junger Chef zusammenarbeiten können?
„Ein neuer Chef sorgt erst einmal für Verunsicherung“, sagt Rosenkranz. Mitarbeiter würden sich fragen: Was hat er vor? Was wird aus mir? Negative Energie sei die Folge. Er empfiehlt daher, mit der Unterstützung von Experten Folgendes herauszufinden:

► Wie beeinflusst jeder Einzelne die Gruppe und damit den Prozess des Teamwerdens?

► Was kann und möchte jeder selbst dazu beitragen, dass die Gruppe zum Team wird?

► Welche Handlungsalternativen gibt es, vertrauensvoll miteinander umzugehen?

Mit Lernen auf Basis angeleiteter Selbsterfahrung könne es gelingen, Teams zu entwickeln. Wichtige Grundlage sei eine wertschätzende, nicht verletzende Feedbackkultur: Jüngere Führungskräfte neigen im Eifer zu schnellen, dynamischen Problemlösungen. Ältere Mitarbeiter sehen dann ihre Erfahrungen nicht gewürdigt und entwickeln Widerstände. Druck verursacht überdies die Angst, nicht mehr Schritt halten zu können.

„Es kann uns gelingen, das Generationenproblem zu lösen, wenn wir das gegenseitige Lernen zum Prinzip erheben“, sagt Rosenkranz. Wir alle hätten mehr oder weniger bewusst die Erziehungsanstrengungen unserer Eltern, Lehrer und Vorgesetzten über uns ergehen lassen und uns immer wieder einmal als Opfer empfunden. Die oft von Widerständen, Zweifeln und Autoritätskrisen geprägte frühe Entwicklung sei aber notwendig, um Konfliktfähigkeit und Sozialkompetenz zu entwickeln.

► 1. These: Wie in Familie, Schule und Organisationen mit uns umgegangen wurde, ist entscheidend dafür, wie wir mit Mitarbeitern und Vorgesetzten umgehen. Wir entwickeln ein „Verhaltensdrehbuch“, das unser privates und berufliches Leben begleitet und auf das wir auch als Erwachsene wiederholend zurückgreifen.

► 2. These: Lernprozesse über Beziehungen (führen, kommunizieren, kooperieren) sind von natürlichen Widerständen begleitet. Wer bereit ist, sie bei sich selbst und bei anderen wahrzunehmen, hat eine bessere Chance, mit ihnen erfolgreich umzugehen.

Woran scheitern die Beziehungen von jungen Chefs und älteren Mitarbeitern in der Praxis?
Wer kraft formaler Autorität Probleme besser zu lösen vermeint als sein Gegenüber, auch wenn es an Erfahrungen und Informationen fehlt, sagt: Ich bin intelligenter – also okay –, du bist nicht okay. Sobald in irgendeiner Form ein „Nicht okay“ auftaucht, drohen Beziehungen zu scheitern.

Wie kann der junge Chef sich auf Sorgen älterer Mitarbeiter einlassen und ausräumen?
Man könne Widerstände brechen. Ob dabei ein Sieg herauskomme, sei fraglich, sagt Rosenkranz. Man könne Mitarbeiter aber auch gezielt einladen, ihre Bedenken einzubringen. Erkennen sie dahinter ehrliches Interesse an ihren Erfahrungen und Argumenten, baut sich Vertrauen auf: „Im besten Fall werden kritische Widerstände zu konstruktiver Kooperation.“ Und hier hat der Altersunterschied dann nur noch geringe Bedeutung, denn auf der Gefühlsebene sind wir alle gleich: Der junge Chef könne sich quasi in einem „Teufelspakt“ (dem Austausch von Bedenken) dem stellen, was ältere Mitarbeiter stört, und anschließend das, was ihn stört, mit positivem Feedback in den Abklärungsprozess einbringen. (red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.03.2018)

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