Viele Stahlprodukte können in den USA nicht kurzfristig ersetzt werden, sagt ein Stahl-Experte der Boston Consulting Group. US-Präsident Trump droht den deutschen Autobauern.
Die von US-Präsident Donald Trump ausgerufenen Strafzölle auf Stahlimporte dürften kaum zusätzliche Jobs in der US-Stahlindustrie schaffen, vor allem nicht für Trumps Stammwähler, die unqualifizierten Arbeiter. Stahlverarbeitende Industrien in den USA könnten aber stark beeinträchtigt werden. Für Österreich dürfte es hingegen "nicht so schlimm" werden, erwartet Felix Schuler, Stahlexperte bei BCG.
Kurzfristig dürften die Zölle vor allem Stahlprodukte in den USA verteuern, so der Leiter des Stahlsektors bei der Boston Consulting Group.. Denn zwei Drittel der Importe könnten nicht kurzfristig, also innerhalb weniger Monate, in den USA substituiert werden. Selbst nach zwei Jahren unter strengem Importschutz könnte die US-Stahlindustrie nicht mehr als 50 bis 60 Prozent der Importe ersetzen, schätzt Schuler. Für alle anderen Produkte bliebe dann als Effekt des Importzolls auch mittelfristig nur die Preiserhöhung übrig. Da die Margen in der Stahlindustrie meist nur bei sechs bis acht Prozent liegen, könne ein Zoll von 25 Prozent auch nicht in den Herstellungskosten ausgeglichen werden. "Das heißt, in vielen Produkten wird es zu einer massiven Verteuerung kommen, die zuerst die Industrie und dann die Haushalte spüren werden". Könnten die US-Firmen die gleiche Qualität zu gleichen Preisen liefern, dann würde jetzt schon nicht so viel importiert, vermerkt Schuler.
Problem Zertifizierung
Damit ein Stahlimport durch ein US-Produkt ersetzt werden könne, müssten das Know-how und die Kapazität dafür in einem US-Werk vorhanden sein - und das Produkt müsse auch zertifiziert, also für den konkreten Einsatz genehmigt sein. Oft, etwa bei Autoteilen oder in der Ölindustrie, laufe die Zertifizierung auf eine bestimmte Anlage in einem bestimmten Werk, selbst innerhalb eines Konzerns könne die Produktion nicht einfach umgeleitet werden, schildert Schuler. Eine Neu-Zertifizierung dauere aber Monate.
Mit der Zeit, "eher ein Jahr als eine Woche", so Schuler, werde dann die Produktion in den USA steigen, es werde Zertifizierungen geben. Dann würden sich Produkte, die bis dahin in die USA geliefert wurden, andere Märkte suchen, was den Preisdruck auf Europas Stahlbranche erhöhen werde. Vor allem einfachere Produkte seien davon betroffen und diese seien im Portfolio praktisch jedes Stahlproduzenten enthalten, auch bei hoch spezialisierten Firmen wie der voestalpine.
Nur ein Prozent in die USA
Für Österreich geht Schuler von einer überschaubaren Auswirkung der Strafzölle aus. Einerseits betragen die Exporte in die USA nur gut 80.000 Tonnen bei Gesamtexporten von fastacht8 Mio. Tonnen - also nach Gewicht nur rund ein Prozent. Dazu komme, dass viele österreichische Ausfuhren auf Spezialprodukte entfallen, die schwer zu ersetzen seien. Allerdings würden auch österreichische Firmen den Preisdruck auf ihre Basisprodukte spüren, die "Teil des Lebens in der Stahlproduktion" seien.
Die Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck hat sich am Sonntag zurückhaltend zum Thema US-Strafzölle gegeben. Einerseits habe man noch 14 Tage Zeit und müsse diese Zeit für Gespräche nutzen. Andererseits müssten die EU-Staaten zusammenstehen, sagte die Politikerin in der ORF-"Pressestunde". Abhilfe könnten neue Handelspartnerschaften schaffen, so Schramböck. Mögliche künftige "privilegierte Partnerschaften" könnten beispielsweise mit Japan, Mexiko, Singapur oder Vietnam entstehen. "Wenn ein Kunde nicht kaufen möchte, muss man sich neue Märkte erschließen", sagte Schramböck zum Problem mit dem geplanten US-Zöllen und betonte, gerade eine neue "Außenwirtschaftsstrategie" auszuarbeiten.
Indes hat US-Präsident Trump den Europäern erneut mit höheren Zöllen auf Autoimporte gedroht - und diesmal nicht nur im Fall von Vergeltungsmaßnahmen für die von ihm verhängten Strafzölle auf Stahl und Aluminium. "Die Europäische Union, wunderbare Länder, die die USA beim Handel sehr schlecht behandeln, beschwert sich über die Zölle auf Stahl und Aluminium", schrieb Trump am Samstag auf Twitter.
Keine Lösung bei Treffen Trump mit EU
"Wenn sie ihre schrecklichen Barrieren und Zölle auf eingeführte US-Produkte fallen lassen, werden wir umgekehrt unsere aufgeben. Großes Defizit. Wenn nicht, erheben wir Zölle auf Autos etc. FAIR!" Derzeit entfallen auf jedes Auto aus US-Produktion, das in Europa fahren soll, zehn Prozent Zoll. In die Gegenrichtung sind es nur 2,5 Prozent.
Trump äußerte sich nach einem Treffen zwischen EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström und dem US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer am Samstag in Brüssel. Die EU dringt darauf, dass sie - wie Kanada und Mexiko - von den Strafzöllen auf Stahl (25 Prozent) und Aluminium (10 Prozent) ausgenommen wird, die Trump in der vergangenen Woche verkündet hat.
Die Europäer betonen, dass die EU ebenfalls ein enger Verbündeter der USA sei und keine Gefahr für die Sicherheit darstelle, mit der Trump die Zölle offiziell begründet hat. Eine Lösung wurde bei dem Treffen indes nicht gefunden, wie Malmström mitteilte. Demnach soll die Diskussion in dieser Woche fortgesetzt werden.
Ein scharfen Angriff gegen Trump lancierte die deutsche Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries. "Die Politik von Trump gefährdet die freie, globale Wirtschaft", sagte die SPD-Politikerin am Sonntag mit Blick auf die von Trump verhängten Einfuhrzölle auf Stahl und Aluminium.
"Er will deren Architektur nicht verstehen, die auf einem regelbasierten System offener Märkte beruht", kritisierte die scheidende Ministerin. Wer dies infrage stelle, setze Wohlstand, Wachstum und Beschäftigung aufs Spiel. "Es ist wichtig, dass Europa gemeinschaftlich zeigt, dass es auch Gegenmaßnahmen geben kann und dass die Allianz der Freihändler nicht bröckeln wird", betonte Zypries.
(APA/dpa)