Glücksspielmarkt wächst rasant, der Graubereich auch

Gluecksspiel
GluecksspielDie Presse - Clemens Fabry
  • Drucken

Das Onlineglücksspiel hat Hochsaison in Österreich. 60 Prozent der Anbieter haben aber keine Lizenz in Österreich. Die heimischen Mitbewerber machen das Monopol der Casinos Austria verantwortlich und fordern eine Marktöffnung.

Der heimische Glücksspielmarkt wächst seit Jahren, besonders im Internet. 2016 stieg der Bruttospielertrag des Onlinemarkts um 25 Prozent auf 254 Mio. Euro. Knapp 60 Prozent der Anbieter sind aber nicht in Österreich lizenziert, erhob Kreutzer, Fischer & Partner (KFP). Die Rechtslage sei lückenhaft und unsicher. Die alternativen Anbieter lobbyieren seit Jahren für eine Marktöffnung wie etwa in Großbritannien, sie fordern Lizenzen. Mit der neuen Studie, die die Österreichische Vereinigung für Wetten und Glücksspiel (OVWG) bei KFP in Auftrag gab, untermauert sie ihre Forderung.

Derzeit darf in Österreich nur der teilstaatliche Casinos-Austria-Konzern auf seiner Seite win2day Online-Glücksspiel anbieten, dazu berechtigt ihn die vom Finanzministerium vergebene Lottolizenz. Die zahlreichen anderen Anbieter wie bet-at-home oder bwin operieren im Graubereich. Sie halten das Glücksspielmonopol der Casinos Austria für EU-rechtswidrig und berufen sich auf die EU-Dienstleistungsfreiheit: Mit einer Lizenz aus Malta oder einem anderen EU-Land dürften sie in ganz Europa anbieten. Auf vielen Seiten können Kunden auch Sportwetten abschließen. Diese fallen in Österreich nicht unter das Glücksspielmonopol, sind also erlaubt.

Glückspielumsatz wächst stetig

Generell haben die Österreicher in den vergangenen Jahren immer mehr Geld für Glücksspiel ausgegeben. 2016 waren es 1,61 Mrd. Euro. 2015 mehr als 1,5 Mrd. Euro. Während der Automatenmarkt wegen diverser Verbote und strengerer Regelungen an Bedeutung verlor, stiegen die Nettospielerlöse von Spielbanken (Casinos Austria), Sportwettenanbietern und im Online-Glücksspielbereich stark an. Der Onlinebereich kommt der Studie zufolge mittlerweile auf einen Marktanteil von 16 Prozent. Bei Sportwetten hält das Internet bei fast 44 Prozent.

Besonders brisant: Nicht in Österreich lizenzierte Internet-Glücksspielanbieter haben einen Marktanteil von knapp 60 Prozent. Der Schluss der Studienautoren: Das Glücksspielmonopol erfülle seinen eigentlichen Zweck, die vorhandene Nachfrage ins nationale Bewilligungssystem zu lenken, nur bedingt. Auch wenn das Finanzministerium die Online-Anbieter für illegal hält und die Regelungen jetzt etwa mit Internetsperren verschärfen will, hat es in den vergangenen Jahren viele Steuern von den Anbietern eingenommen. 2016 waren es laut KFP rund 30 Mio. Euro.

Der graue Markt, also Anbieter ohne Österreich-Lizenz, führe zu einer "Verzerrung des Wettbewerbs und zu einer Aushöhlung des Spielerschutzes", heißt es in der Studie. Die drei Marksegmente stationäre Glücksspielautomaten (inklusive Video Lottery Terminals/VLT der Casinos Austria), Online-Glücksspiel und Sportwetten kamen 2016 auf einen Bruttospielertrag von 730 Mio. Euro. Davon ordnet KFP 230 Mio. Euro dem grauen Markt zu, was einem Anteil von knapp einem Drittel entspricht. 2013 war der Marktanteil erst bei 23 Prozent gelegen.

Wildwuchs bei illegalen Glücksspielautomaten

Im Automatenbereich haben die Verbote, insbesondere jenes in Wien, den halblegalen Anbietern zu mehr Umsatz verholfen. Zwischen 2013 und 2016 hat der graue Automatenmarkt um fast zwei Drittel auf 108 Mio. Euro zugelegt. Trotz vieler Razzien und Beschlagnahmungen der Finanzpolizei trockne der Markt nicht aus, "da die unglückliche Rechtslage nach wie vor interpretationsfähige Schlupflöcher hinterlässt und die Gewinnaussichten für illegale Betreiber zu verlockend sind, zumal sich vor allem High-Roller (Vielspieler bzw. Süchtige, Anm.) mit dem Registrierungssystem bei Landesausspielungen nur schwer anfreunden können", meint Kreutzer, Fischer & Partner. 2016 gab es laut KFP 2200 illegale Glücksspielautomaten in Österreich.

Auch der graue Online-Glücksspielmarkt jenseits des Casinos-Austria-Portals win2day wuchs binnen drei Jahren rasant von 67 Mio. auf 110 Mio. Euro. "Es handelt sich dabei um knapp vierzig relevante Anbieter, wobei die größten zehn nahezu achtzig Prozent des grauen Onlinemarktes halten", erklärt KFP. Die Großen bieten zumeist auch Sportwetten an, sie treten in Österreich auch als Sportsponsoren auf und machen viel Werbung.

Forderung: Marktöffnung und einheitliche Rechtslage

KFP fordert wie seine Auftraggeber eine Öffnung des Online-Glücksspiel- und -Sportwettenmarkts. Der Internet-Sportwettenmarkt ist derzeit im Prinzip neun Landesgesetzes unterworfen, im digitalen Glücksspielsektor gibt es seit Jahren Rechtsstreitigkeiten bis hinauf zum Europäischen Gerichtshof (EuGH). KFP empfiehlt weiters eine steuerliche Gleichstellung aller Automaten- und Online-Anbieter. Der Casinos-Austria-Konzern solle aber ruhig weiterhin mehr zahlen, da die Lotto- und Spielbanklizenzen bis auf weiteres wohl nur an einen Anbieter vergeben würden, so die Begründung. Aufgrund EU-Rechts müssen die Casino- sowie die Lottokonzession zwar europaweit ausgeschrieben werden, bisher ist aber immer der Casinos-Austria-Konzern zum Zug gekommen. Vergeben wurden die Lizenzen vom Finanzministerium, das über die Staatsholding ÖBIB ein Drittel an den Casinos hält.

Die Studienautoren wünschen sich ein eigenes Gesetz für den gesamten Online-Bereich sowie eine unbegrenzte Anzahl von befristeten Lizenzen, die EU-weit ausgeschrieben werden. Nur finanzstarke Anbieter mit einer .at-Internetadresse, die sich an strenge Spielerschutzbedingungen halten, sollen eine Konzession bekommen. Die Spieler sollen sich selbst Zeit- und Einsatzlimits setzen und sich selbst in einer bei der Aufsichtsbehörde angesiedelten Sperrdatenbank eintragen lassen können. Die Online-Glücksspielsteuer soll von 40 auf 15 bis 20 Prozent des Bruttospielertrags gesenkt werden. Eine unabhängige Behörde solle Seiten nicht lizenzierte Anbieter sperren dürfen und auch die Werbung der Lizenzierten überwachen.

KFP: Automatengeschäft hat Zenit überschritten

KFP hat ausgerechnet, wie sich der Markt entwickeln könnte, wenn es bis 2020 mehr legale Automaten in den Bundesländern gibt (wenn entweder die Casinos Austria ihre erlaubten 5.000 VLT-Geräte aufstellen oder mehr Bundesländer einarmige Banditen erlauben): Das Offline-Glücksspiel würde dann bis zum Jahr 2025 kaum wachsen, lediglich von 700 auf 710 Mio. Euro Bruttospielertrag. Der Automatenmarkt würde sogar von 325 Mio. auf 280 Mio. Euro schrumpfen. Rasant zulegen hingegen würde Online, und zwar von 254 Mio. auf 420 Mio. Euro (davon 300 Mio. Glücksspiel und 120 Mio. Sportwetten). Das Lotterieangebot ist da nicht miteingerechnet. Die Spielbanken würden leicht zulegen.

Der Online-Marktanteil stiege somit von 27 Prozent im Jahr 2016 auf 37 Prozent im Jahr 2025. "Kurzum, Glücksspiel und Sportwetten werden von der Straße auf Tablets und Smartphones verlagert", so KFP. Alles in allem würde der Glücksspielmarkt durch eine Online-Regulierung langsamer wachsen, und zwar um weniger als zwei Prozent im Jahr (2013 bis 2016: +5,8 Prozent pro Jahr). Die Umsatzsteuer steigt in dem Szenario trotz Senkung des Abgabensatzes von 60 Mio. auf 73 Mio. Euro.

(APA/red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Österreich

Wiener Grüne gehen mit Anzeige gegen Admiral vor

Klubchef Ellensoh hat die Novomatic-Tochter wegen des Verdachts auf verbotene Live-Wetten angezeigt. Admiral-Anwalt Schwartz nennt den Vorwurf "schlichtweg falsch".
Gewonnen Gewonnen
Österreich

Anbieter empört über geplante Internetsperren bei Online-Glücksspiel

Auch dass Spieler nach den Gesetzesplänen Verluste rückwirkend zurückfordern können, stößt in der Branche auf Unverständnis

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.