Messerattacken in Wien-Leopoldstadt: Afghane musste im Dezember enthaftet werden

Der erste tatort in der Wiener Praterstraße
Der erste tatort in der Wiener PraterstraßeAPA/HERBERT PFARRHOFER
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Für den Afghanen, der vergangene Woche in Wien vier Menschen niedergestochen hat, lagen im Dezember weder Schubhaftbescheid noch Festnahmeauftrag vor. Deshalb stand einer bedingten Entlassung in Klagenfurt nichts im Wege. Er tauchte in Wien unter statt auszureisen.

Der 23-jährige Afghane, der am vergangenen Mittwoch in Wien-Leopoldstadt vier Personen niedergestochen und schwer verletzt hat, hat von der Justizanstalt Klagenfurt auf freien Fuß gesetzt werden müssen, wo er bis Anfang Dezember 2017 eine Haftstrafe verbüßt hatte. Es gab keine Handhabe, um den Mann, der seine freiwillige Ausreise bewilligt bekommen hatte, zur Umsetzung dieser länger anzuhalten.

Der Mann, der 2015 nach Österreich gekommen war, hatte beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) seine freiwillige Rückkehr in seine Heimat beantragt - möglicherweise deshalb, weil kein Ende seines Asylverfahrens in Sicht war. Abgeschoben wurde er allerdings nicht. Der Afghane soll sein Ausreisezertifikat nicht behoben haben. In weiterer Folge kam er in Kontakt mit der Drogenszene. 2017 wurde der 23-Jährige in Wien wegen Drogenhandels zu einer mehrmonatigen Haftstrafe verurteilt. Zur Verbüßung wurde der Mann aus Platzgründen in die Justizanstalt Klagenfurt überstellt.

Kein Schubhaftbescheid, kein Festnahmeauftrag

Wie am Montag Recherchen der Austria Presseagentur ergaben, informierte die Justizanstalt Klagenfurt das BFA, dass der Mann mit 7. Dezember 2017 bedingt entlassen werden sollte. "Es hat eine aktive Kontaktaufnahme gegeben", versicherte ein Strafvollzugs-Insider laut Austria Presseagentur. Offenbar wurde darauf seitens des BFA nicht zeitgerecht reagiert: "Es hat keinen Schubhaftbescheid gegeben, es ist auch kein Festnahmeauftrag vorgelegen. Der Mann musste daher entlassen werden."

Seitens des Innenministeriums wurden am Montag die Vorgänge und der behördliche Kommunikationsverlauf untersucht. "Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist gerade dabei, den Fall penibel zu prüfen", sagte Ministeriumssprecher Alexander Marakovits. Man hoffe, einen Bericht des BFA noch am Montag zu bekommen. Im Fokus stünde die Frage, was der 23-Jährige seit seiner Entlassung aus der Haft am 8. Dezember des Vorjahres getan hat.

(APA)

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