VfGH: Mehrheit von 8:5 für Türkis-Blau

Michael Rami.
Michael Rami.(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Mit der Wahl des FPÖ-Anwalts Michael Rami steht der 14. und letzte Verfassungsrichter fest.

Wien. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) wird wieder komplett: Im Bundesrat steht die Wahl von Michael Rami auf der Tagesordnung, der auf Wunsch der FPÖ im Verein mit der ÖVP als letztes noch ausständiges Mitglied des Höchstgerichts nominiert wird. Betrachtet man den politischen Background der 14 Höchstrichter, ist damit im Vergleich zum Stand Ende 2017, als Präsident Gerhart Holzinger und zwei weitere Mitglieder in Pension gegangen sind, die Färbung deutlich weniger rot geworden.

Lässt man den Präsidenten bzw. dessen Nachfolgerin Brigitte Bierlein außer Betracht – die Vorsitzende hat nur im seltenen Fall der Stimmengleichheit ein Stimmrecht –, stehen nun fünf Mitgliedern mit roten Tickets sechs mit schwarzen (bzw. türkisen) und zwei mit blauen Tickets gegenüber. Statt 7:6 sind die Kräfte rechts und links der Mitte nun 8:5 verteilt (siehe Grafik). Auch wenn allerdings sämtliche Mitglieder des Höchstgerichts mit dem Vertrauen mindestens einer Partei nominiert worden sind: In den geheimen Abstimmungen folgen sie nicht unbedingt der jeweiligen Parteilinie.

Gesellschaftspolitisch liberale Linie

Jüngstes Beispiel ist die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare, die der Verfassungsgerichtshof im vergangenen Dezember mit Wirkung Ende dieses Jahres beschlossen hat. Trotz bürgerlicher Mehrheit im Gremium hat er sich damit als gesellschaftspolitisch liberal hervorgetan. Spannend zu beobachten wird sein, wie der Gerichtshof in der noch offenen Frage entscheiden wird, ob es in offiziellen Dokumenten zwischen weiblich und männlich auch ein drittes Geschlecht geben muss (das deutsche Bundesverfassungsgericht hat dies bereits bejaht).

Mit Michael Rami, der regelmäßig FPÖ- und BZÖ-Politiker gegen Medien vertreten hat, kommt ein auf Medienrecht spezialisierter Anwalt ans Höchstgericht; die Unterschrift des Bundespräsidenten gilt als Formsache. In der juristischen Auseinandersetzung ist Rami unerbittlich; er vertritt seine Mandanten ohne jedes Nachgeben.

Sollte sich in Verfahren vor dem VfGH auch nur der Anschein einer Befangenheit eines Mitglieds zeigen, darf dieses nicht mitentscheiden. Bei Wolfgang Brandstetter, der fast übergangslos aus der Regierung (Justizminister, Vizekanzler) an den VfGH gewechselt ist, wird das zumindest bei der Prüfung von Gesetzen der Fall sein, die er mit der Regierung auf den Weg gebracht hat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.03.2018)


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