Mafia-Mord an Journalisten: Slowakischer Präsident akzeptiert Ficos Rücktrittsbedingungen

Forderungen nach Neuwahlen werden lauter.

Der slowakische Präsident Andrej Kiska akzeptiert offenbar die Rücktrittsbedingungen von Ministerpräsident Robert Fico: Kiska habe am Mittwoch zugestimmt, dass Ficos Partei, die sozialdemokratische Smer, den Nachfolger des Premiers vorschlägt, sagte Bela Bugar, der Chef der kleinsten Regierungspartei, der slowakisch-ungarischen Versöhnungspartei Most-Hid, am Donnerstag.

"Damit es keine Missverständnisse gibt, die neue Regierung muss die Mehrheit im Parlament haben", sagte Bugar nach Angaben der Nachrichtenagenturen TASR und CTK gegenüber Journalisten. "Smer-SD ist die stärkste politische Partei und wird seinen Kandidaten für den Ministerpräsidenten vorschlagen. Der Präsident hat dem zugestimmt." Laut dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk RTVS soll Fico am Donnerstag zu Mittag seinen Rücktritt Kiska überreichen.

Kiska selbst hat sich noch nicht geäußert. Kiskas Sprecher bestätigte am Mittwochabend lediglich, dass der Präsident die Vorsitzenden der drei Koalitionsparteien, Smer, Most-Hid und der nationalistischen SNS, getroffen habe. Kiska hatte Anfang des Monats eine grundsätzliche Regierungsumbildung oder Neuwahlen als Ausweg aus der schweren politischen Krise nach dem Mord an dem Enthüllungsjournalisten Jan Kuciak gefordert.

Fico hatte am Mittwoch nach großen Anti-Regierungsprotesten Kiska seinen Rückzug angeboten, allerdings unter der Bedingung, dass es keine Neuwahlen gibt. Stattdessen solle seine Smer das Vorschlagsrecht für den künftigen Premier haben. Laut Information der slowakischen Nachrichtenagentur TASR sind zwei Personen für das Amt des Ministerpräsidenten im Gespräch: Finanzminister Peter Kazimir und Vizepremier Peter Pellegrini.

"Das ist ein schlechter Witz"

Die Organisatoren der Anti-Regierungsproteste zeigten sich mit dem Schritt Ficos allerdings unzufrieden. "Wir brauchen eine neue Chance für eine anständige und gerechte Slowakei und deswegen verlangen wir Neuwahlen. Derzeit ist das die einzige Möglichkeit, das Vertrauen der Bevölkerung in den Staat wiederherzustellen", erklärten die Organisatoren der größten Demonstrationen in der 25-jährigen Geschichte des Landes.

Ficos Rücktritt sei "zu spät" erfolgt, sagte der Politologe Juraj Marusiak gegenüber der TASR. Der Schritt sei ein Signal, dass sich die Regierungsparteien nicht in Neuwahlen stürzen wollen. Dies könne die Gesellschaft aber nur teilweise beruhigen. Auch der Politologe Pavol Babos ist sich unsicher, ob ein Rückzug Ficos allein die Situation beruhigt. Wenn das Innenministerium wieder in der Hand von Smer ist, "werden die Menschen skeptisch sein".

Ficos Ankündigung "ist ein schlechter Witz", kommentierte die deutsche Tageszeitung "Die Welt". Denn sein Rücktrittsangebot beinhalte "zwei wahnwitzige Bedingungen. Erstens: Die Regierungspartei Smer bestimmt Ficos Nachfolger. Und zweitens: Es gibt keine Neuwahlen. Im Klartext würde das bedeuten: In der Slowakei bleibt (fast) alles beim Alten, ungeachtet aller Korruptionsskandale, in die die Regierung involviert ist."

Der Investigativjournalist Jan Kuciak und seine Verlobte waren am 25. Februar erschossen worden. Kuciak hatte in seiner letzten Arbeit über mögliche Verwicklungen der italienischen Mafia bis in hochrangige Politikkreise recherchiert. Am Montag war der unter Korruptionsverdacht stehende Innenminister Robert Kalinak zurückgetreten.

(APA)

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