Innerhalb der Union ist eine alte Debatte wieder aufgeflammt. CSU-Innenminister Seehofer verkündete: "Nein, der Islam gehört nicht zu Deutschland." Die Kanzlerin ließ umgehend widersprechen.
Für die deutsche Kanzlerin Angela Merkel gehört auch der Islam zu Deutschland. Das hat ihr Sprecher Steffen Seibert am Freitag bekräftigt. Die historische Prägung Deutschlands sei "natürlich eine christliche, eine jüdische", sagte er. Aber inzwischen lebten in Deutschland Millionen von Muslimen.
"Auf der Basis unserer Werte und Rechtsordnung" gehörten auch deren Religion "inzwischen zu Deutschland", fügte der Regierungssprecher hinzu. Merkel hatte bereits in der Vergangenheit betont, dass für sie der Islam zu Deutschland gehöre.
Innenminister Horst Seehofer hatte in der "Bild"-Zeitung vom Freitag gesagt, er halte den Satz "Der Islam gehört zu Deutschland" für falsch. "Nein, der Islam gehört nicht zu Deutschland", hob der CSU-Politiker hervor. Der neue Innen- und Heimatminister schränkte jedoch ein: "Die bei uns lebenden Muslime gehören aber selbstverständlich zu Deutschland." Die CSU bewarb den Satz vom Islam, der nicht zu Deutschland gehöre, später auf Twitter unter dem Hashtag #Klartext.
"Solche Sätze bringen uns nicht weiter"
Die neue Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), distanzierte sich indes von Seehofers Äußerung. "Solche Sätze bringen uns nicht weiter", sagte Widmann-Mauz der "Rheinischen Post" (Samstagausgabe). "Sie liefern keinen Beitrag zur Lösung der Herausforderungen, vor denen wir stehen."
Ihr gehe es darum, den Zusammenhalt im Land zu stärken, sagte Widmann-Mauz. "Wir brauchen eine sachliche Debatte darüber, nach welchen Regeln und welchem Werteverständnis wir in Deutschland zusammenleben wollen. Die Religionsfreiheit ist ein hart erkämpftes und hohes Gut unseres Grundgesetzes, das es zu schützen gilt."
"Seehofer glaubt im Wahlkampf punkten zu können"
SPD-Bundestagsfraktionschefin Andrea Nahles erklärte: "Seehofer glaubt wohl, damit im Bayern-Wahlkampf punkten zu können", sagte Nahles der "Rhein-Neckar-Zeitung" mit Blick auf die bayerische Landtagswahl im Oktober. "Das ist eine acht Jahre alte Debatte, die innerhalb der Union immer noch geführt wird, aber niemanden weiterbringt."
Auch der Grünen-Politiker Cem Özdemir sagte der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten", die Auseinandersetzung darüber, ob der Islam zu Deutschland gehöre oder nicht, "ist ein Streit, der vor Ort bei der Integration niemandem hilft".
CSU-General verteidigt den Chef
Der Generalsekretär der CSU, Markus Blume, verteidigte seinen Parteichef. "Horst Seehofer spricht das aus, was die übergroße Mehrheit in unserem Land denkt: Der Islam gehört nicht zu Deutschland", sagte Blume dem "Spiegel". Das sei keine Frage der Religionsfreiheit, sondern der kulturellen Prägung. "Deutschland ist christlich-abendländisch geprägt und nicht durch den Islam." Wer solche Wahrheiten ausspreche, spalte nicht, sondern führe eine "ehrliche und notwendige Debatte".
(APA)