Der Mediator

UKW, DAB, oder darf's ein bissl mehr sein?

5,5 Radios gibt es in Österreich pro Haushalt im Schnitt. Man behält sie zirka 30 Jahre lang.
5,5 Radios gibt es in Österreich pro Haushalt im Schnitt. Man behält sie zirka 30 Jahre lang.(c) SSPL via Getty Images (Science & Society Picture Librar)
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Das Digitale Radio in der aktuellen Version DAB+ hat in Österreich Startschwierigkeiten. Sollte es ein „Projekt für ganz Europa“ werden, wie vereinzelt gefordert wird? Oder kommt die Zukunft für den Hörfunk mit dem Mobilfunknetz 5G?

Wolfgang Struber wünscht sich ein starkes Signal. Der Geschäftsführer von Radio Arabella träumt davon, dass die Europäische Digitalradio Allianz die Technologie von DAB+ (Digital Audio Broadcasting plus) zum „Hauptverbreitungsweg“ für den Hörfunk, zum „Radio der Zukunft“ macht, wie Struber dem Fachblatt „Horizont“ sagte. In mehr als einem Dutzend Ländern Europas gibt es bereits 300 derartige Radiostationen mit insgesamt 130 Millionen Hörern, Arabella ist der einzige österreichische Sender dieser Allianz. Dort sieht man nur eine Chance auf Erfolg, wenn über die Landesgrenzen hinweg agiert wird. Die Industrie müsste dafür in die Pflicht genommen werden. Künftig sollten nur mehr Hybridgeräte erzeugt werden, die sowohl UKW als auch DAB+ empfangen können. Das würde den Umstieg aufs neue System wesentlich erleichtern. Demnächst soll die Zulassung für den bundesweiten Betrieb von DAB+ erfolgen (auf einer „Multiplex–Plattform“) – hoffen deren Befürworter. Bisher gibt es nur Testbetriebe, etwa im Großraum Wien mit eher marginalen Sendern.

Was spricht fürs Europäische Digitalradio, das in bester Qualität terrestrisch sendet, also nicht über Satellit empfangen wird? Es sei viel billiger bei den Übertragungskosten, so Struber. Laut Studien sei Internet-Radio 40 mal teurer als UKW und 400 mal teurer als DAB+. Er wirft dem Österreichischen Rundfunk „Verzögerungstaktik“ vor.

Tatsächlich gibt es für Platzhirsche wenig Anreiz, sich durch billige innovative Technologien neue Konkurrenz zu schaffen. Auch die großen Privatsender Kronehit und Antenne warten ab. Im Radiomarkt hat der ORF einen Anteil von 71 Prozent. Steht die dominante Anstalt also tatsächlich auf der Bremse? Das ist nicht so einfach zu beantworten. Interessant wäre DAB+ für sie eventuell nur, wenn mindestens die Hälfte der neuen Sendelizenzen an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ginge. Der ist derzeit allerdings in anderer Hinsicht startbereit: Ab 2020 soll im Mobilnetz-Sektor der Standard 5G eingeführt werden. Er hat auch starke Auswirkungen auf Radiosender. Man wird mit diesem wesentlich leistungsfähigeren Netz beim Rundfunk nicht mehr auf das bisher übliche Streaming mit seinen Macken angewiesen sein.

Im ORF sieht man DAB+ nur als Übergangstechnologie. Falls seine Sender vom derzeitigen Radio-Standard Ultrakurzwelle (UKW) abgehen, wird man aller Voraussicht nach längst auch bei der neusten Mobilfunktechnologie dabei sein. Doch das Ende für UKW sehen Experten auf dem Küniglberg noch lange nicht gekommen. „Den Hörern geht doch nichts ab, sie sind mit dem Klang zufrieden,“ sagt ein Insider. Hörfunksendungen gehören zu den liebsten Freizeitbeschäftigungen der Österreicher. Laut Radiotest haben sie im 2. Halbjahr 2017 im Schnitt knapp drei Stunden pro Tag konsumiert.


Ein Radioapparat für 30 Jahre. Das Interesse der Kunden für DAB-fähige Radios bleibt vergleichsweise bescheiden. Bei den UKW-Geräten, die vor zwei Generationen die Mittelwelle als Standard abgelöst haben, gibt es eine ganz andere Situation als zum Beispiel bei Mobiltelefonen, die einen Zyklus von zirka zwei Jahren haben. Bei Radios beträgt der Zyklus an die 30 Jahre, und jeder Haushalt hat im Schnitt 5,5 davon.

Wenn man also UKW schlagartig abdrehen würde, bedeutete dies, dass mehr als 15 Millionen Geräte nicht mehr zu verwenden wären. Man müsste also lange Übergangszeiten planen, sonst wäre das offensichtlich eine gigantische Verschwendung von Ressourcen, selbst wenn DAB+ im Betrieb wesentlich weniger energieintensiv ist. Das ist derzeit vor allem auch deshalb so, weil sich deren Betreiber auf Ballungsräume konzentrieren. „In der langen Übergangsphase bis zur Vollabdeckung wäre das System viel teurer“, sagt ein Kritiker dieser auch nicht mehr ganz neuen DAB-Technologie.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.03.2018)

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