Längere Grenzkontrollen: Merkel unterstützt Seehofer

Horst Seehofer (li.) geht motiviert in seine Jahre als Innenminister in Berlin.
Horst Seehofer (li.) geht motiviert in seine Jahre als Innenminister in Berlin.REUTERS
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Er sei motiviert für den neuen Job, hat Innenminister Horst Seehofer schon vor seinem Amtsantritt verkündet. Seine Pläne für verlängerte Grenzkontrollen ärgern die Wirtschaft.

Der deutsche Innenminister Horst Seehofer polarisiert mit seiner Forderung nach längeren Grenzkontrollen. Zwar bekam der CSU-Chef am Montag Rückendeckung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) - Wirtschaftsvertreter äußerten allerdings teils heftige Kritik. Seehofer hatte in der "Welt am Sonntag" gefordert, die EU-Binnengrenzen müssten so lange überwacht werden, bis die Außengrenzen geschützt seien.

"Die Bundeskanzlerin und der Innenminister haben sich darüber abgesprochen, dass eine Verlängerung der Kontrollen an der deutschen Grenze derzeit notwendig ist", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Die Wirtschaft hingegen warnte etwa vor Belastungen infolge weiterer Kontrollen. "Stärkere Grenzkontrollen behindern den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr und verteuern damit Europas Produktion und seine Produkte", sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer. Dabei sei der Binnenmarkt für deutsche Unternehmen das Herzstück: "Dafür müssen wir an den Schengen-Regeln festhalten."

Im Schengen-Raum, dem die meisten EU-Länder angehören, sind Grenzkontrollen eigentlich nur für Ausnahmefälle vorgesehen. Deutschland hatte im September 2015 angesichts des starken Flüchtlingszuzugs an der Grenze zu Österreich mit den Kontrollen begonnen. Sie finden an drei grenzüberschreitenden Autobahnen und wechselnden Orten im Grenzgebiet statt.

7000 Menschen im Vorjahr zurückgewiesen

Bei der sogenannten Schleierfahndung können Polizisten Reisende auch ohne konkreten Verdacht überprüfen. Dabei wurden im vergangenen Jahr nach Angaben des Innenministeriums 16.000 unerlaubt Einreisende nahe der österreichischen Grenze aufgegriffen. 7000 Menschen wurden demnach zurückgewiesen, weil sie kein Aufenthaltsrecht oder kein gültiges Reisedokument hatten oder keinen Schutz in Deutschland suchten.

Der Außenhandelsverband BGA erklärte, die Exportnation Deutschland sei auf reibungslose Transportketten und auf unbürokratischen grenzüberschreitenden Verkehr angewiesen. Schon aktuell führten die Kontrollen zu immensen Verzögerungen und verursachten erheblichen wirtschaftlichen Schaden.

"Nicht mehr von München aus für krawallige Überschriften zuständig"

Deutliche Kritik kam vom exportorientierten Maschinenbau. "Bundeskanzlerin Angela Merkel muss ihrem Minister Seehofer jetzt klarmachen, dass er nicht mehr von München aus für krawallige Überschriften zuständig ist", sagte der Hauptgeschäftsführer des Maschinenbauverbandes VDMA, Thilo Brodtmann. "Wer am Schengen-Raum zündelt, wird einen Flächenbrand der Grenzschließungen erleben."

Auch die Opposition warnte. "Das hat massive wirtschaftliche und bürgerrechtliche Konsequenzen für den Binnenverkehr in Europa", sagte Grünen-Chef Robert Habeck. "Wir sollten eher darauf hinarbeiten, die Grenzen wieder zu öffnen und die Freizügigkeit der Reise in Europa aufrecht zu erhalten, statt damit zu prahlen, sie möglichst lange zu blockieren." Stärkere Kontrollen an deutschen Grenzen bedeuteten zudem eine "massive Mehrbelastung für die Polizei". Es sei aber richtig, dass Europa den Schutz seiner Außengrenzen brauche. Linken-Politikerin Ulla Jelpke befand mit Blick auf Seehofers Äußerungen: "Da fragt man sich schon, ob die AfD oder die Union den Innenminister stellt."

(APA/dpa)

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