95.000 Euro bekam ein sogenannter Energetiker für einen "Energie-Schutzring" um das Krankenhaus Nord. Die Branche der Energetiker ist außer sich und fühlt sich ins Eck der Scharlatane gestellt.
Auch Energetiker können unrund sein. Wohl üben sie einerseits einen Beruf aus, der für Lebensqualität, für Problemlösungen und dem Streben nach individuellem Glück sorgen soll. Andererseits leben sie natürlich in einer Welt voll Ärgernissen, Problemen und Konflikten. Und dem Wiener Krankenhaus Nord. Dort ist ja vor wenigen Tagen bekannt geworden, dass ein Energetiker das Spital um sage und schreibe 95.000 Euro einer energetischen Reinigung unterzogen hat. Jetzt hagelt es politische Schuldzuweisungen. Und keiner denkt an die Branche der Energetiker. Der geht es mit der Angelegenheit nämlich auch nicht gerade blendend.
Ja, die Energetiker sind tatsächlich eine Branche, deren Interessen sogar von der Wirtschaftskammer, genauer gesagt: in der Fachgruppe der persönlichen Dienstleiter, vertreten werden. In Wien haben sie Charly Lechner als Obmann, und sein Handy klingelt seit Tagen permanent. Die Energetiker des Landes sind nämlich außer sich, erzählt er. Denn: Mit dem „Energetiker“ des KH Nord sei die gesamte Branche in Verruf geraten. Energetiker ist deshalb unter Anführungszeichen gesetzt, weil – so betont Lechner – „der Herr gar kein Energetiker ist. Er hat keinen Gewerbeschein als Energetiker.“
Gewerbeschein und strenge Regeln
Den Gewerbeschein brauchen Energetiker in Österreich tatsächlich. 18.000 Mitglieder zählt die entsprechende Fachgruppe in der Wirtschaftskammer. Alles honorige Energetiker, 40 Jahre plus, zwei Drittel davon sind Frauen. Und sie alle würden sich den strengen Standesregeln unterwerfen. Was „der Herr“ vom KH Nord ganz offensichtlich nicht getan habe. Lechner zitiert zwei Regeln, gegen die „der Herr“ verstoßen habe: 1.) „Energetiker geben keine unseriösen Versprechen bezüglich der zu erwartenden Wirkung der angewandten Methode und verpflichten sich zur Bescheidenheit im Umgang mit Erfolgen.“ 2.) „Sie haben für Honorartransparenz einen klar definierten Arbeitsumfang und einen ordnungsgemäßen Vertragsabschluss vor Auftragsbeginn Sorge zu tragen.“
Lechner: „Wäre der Herr tatsächlich Energetiker, dann hätte er ein Riesenproblem mit uns.“ Denn: Wahre Energetiker „harmonisieren Schwingungen. Man kann gar nicht Schutzringe zu deren Ausgrenzung machen“.
Skeptiker fühlen sich bestätigt
Lechner erzählt, dass sich die gesamte Branche - "die nicht mit Wünschelruten, sondern mit technischen Messgeräten arbeitet" - durch die Vorkommnisse beim KH Nord herabgesetzt fühlt. „Weil jetzt sehen sich natürlich die Skeptiker bestätigt, die immer schon gewusst haben wollen, dass Energetiker Scharlatane sind.“ Und das sei natürlich ein großes Problem – zumal „der Effekt unserer Arbeit wissenschaftlich nicht erwiesen ist“, wie Lechner sagt. Er korrigiert sich: „Sie ist nicht zur Gänze wissenschaftlich erwiesen.“