Krankenhaus Nord: Präsidentin des Obersten Sanitätsrats tritt zurück

Archivbild: Baustellenbegehung beim Krankenhaus Nord vergangenen Dezember
Archivbild: Baustellenbegehung beim Krankenhaus Nord vergangenen Dezember(c) APA/HERBERT PFARRHOFER
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Wegen "intensiver medialer Berichterstattung bezüglich des Krankenhauses Nord" erklärt Sylvia Schwarz ihren Rücktritt. Stadträtin Sandra Frauenberger plädiert indes für die Einsetzung einer Untersuchungskommission, die Volksanwaltschaft will prüfen.

Die Präsidentin des Obersten Sanitätsrats, Sylvia Schwarz, hat am Dienstag ihren Rücktritt erklärt. In einer Aussendung wurde der Schritt mit der "intensiven medialen Berichterstattung bezüglich des Krankenhauses Nord" erklärt. Es sei ihr "ein persönliches Anliegen, dass die Funktion des Obersten Sanitätsrates unangetastet bleibt".

"Ich akzeptiere die Entscheidung von Dr. Schwarz und möchte mich zeitgleich für ihre bisherige Arbeit im Sinne der Wissenschaft und Forschung im Obersten Sanitätsrat bedanken", reagierte Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ). Der Oberste Sanitätsrat ist ein Beratungsgremium des Ministeriums.

Schwarz war ab 2010 interimistische ärztliche Direktorin des Krankenhaus Nord. Nach ihrer Pensionierung Anfang 2017 blieb sie dem Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) als externe Beraterin erhalten. Der KAV untersucht derzeit ihre Rolle in der Causa um die Beauftragung eines "Bewusstseinsforschers" für das Krankenhaus Nord.

Frauenberger würde Untersuchungskommission begrüßen

In dieser Causa plädierte Wiens Gesundheitsstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) am Dienstag für die Einsetzung einer Untersuchungskommission - uns zwar zu allen Vorgänen rund um den Bau des Krankenhauses Nord. "Es gibt keinen Grund, warum wir uns diesem Instrument nicht stellen sollen", sagte sie bei einem Pressetermin.

Sie würde es begrüßen, wenn ihre Fraktion die Untersuchungskommission bereits im kommenden Gemeinderat am Donnerstag beantragen würde, sagte sie auf Nachfrage. Das könne sie jedoch nicht alleine entscheiden. Ob nur das Krankenhaus Nord oder auch weitere Themen, wie etwa die Gangbetten, in der Kommission behandelt werden sollen, müsse man sich noch anschauen. Bisher hatten vor allem die Oppositionsparteien FPÖ und ÖVP auf der Einsetzung des Prüfgremiums beharrt.

Als sie über eine Medien-Anfrage von dem "Esoterik-Auftrag" erfahren habe, habe sie "fassungslos, aber natürlich auch entsetzt und verärgert" reagiert, sagte Frauenberger. Es handle sich um "eine Geldverschwendung, die in keiner Art und Weise tolerierbar ist", empörte sie sich. "Die Verantwortlichen müssen mit aller Härte der Konsequenzen rechnen", betonte sie. Es sei schade, dass "Steuergeld für so einen Humbug rausgeschmissen wird".

Interne Revision prüft

Derzeit überprüft die Interne Revision die Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit des Auftrags. Ergebnisse der Untersuchung sollen nach Ostern vorliegen. Der KAV hat zudem bereits eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft übermittelt. Außerdem werden alle Vergaben unter 100.000 Euro im KH Nord überprüft und es wird untersucht, ob es in anderen Spitälern ähnliche Auftrage gegeben habe, sagte Frauenberger.

Geprüft wird auch, ob man das Geld - 95.000 Euro - vom Auftragnehmer zurückfordern könne. Das wäre etwa dann möglich, sollte er keine gewerberechtliche Genehmigung haben, erklärte der Direktor des Krankenanstaltenverbunds (KAV), Herwig Wetzlinger. Außerdem müsse er nachweisen, dass die versprochene Leistung erbracht wurde - was schwierig zu beweisen werden dürfte, meinte Wetzlinger.

Was machte der "Bewusstseinsforscher"?

Der "Bewusstseinsforscher" wurde im vergangenen November unter anderem mit der "Optimierung der Bewusstseins-Struktur aller Grundstücke und Bauwerke am gesamten Areal des KH Nord" und einem Management-Coaching beauftragt. Der Auftrag wurde von der Programmleiterin und ihrem Stellvertreter erteilt. Sie seien am gestrigen Montag ihrer Funktionen enthoben worden und derzeit auf Urlaub, berichtete Evelyn Kölldorfer-Leitgeb, Generaldirektorin-Stellvertreterin im KAV. Disziplinarrechtliche Konsequenzen würden geprüft. Die Rolle der ehemaligen ärztlichen Leiterin, die seit 2017 als Beraterin für das Krankenhaus tätig war, wird noch untersucht. Ihr Beratervertrag wurde gestoppt, endgültig aufgelöst werden könne er erst nach Abschluss der Untersuchungen, sagte Wetzlinger.

"Es gibt keine einzige Norm, die eine derartige Leistung verlangen würde", kritisierte Wetzlinger. "Ich weiß, es gibt Menschen, die an diese Dinge glauben und sie für notwendig erachten, aber wir sind ein öffentlicher Auftraggeber und für die Steuergeldverwendung verantwortlich. Hier haben solche Dinge keinen Platz."

Die Beauftragung sei zwar formell rechtskonform gewesen, allerdings wurde dem Vorstand nicht davon berichtet, kritisierte er. Er hätte es nicht für möglich gehalten, so etwas in seiner Berufslaufbahn zu erleben, sagte Wetzlinger, der im November damit beauftragt wurde, das Krankenhaus "auf Schiene zu bringen". Es sei nach wie vor das Ziel, dass der Vollbetrieb des Spitals in Floridsdorf im dritten Quartal 2019 erreicht wird, bekräftigte er.

Volksanwaltschaft prüft "Esoterik-Skandal"

Auch die Volksanwaltschaft hat sich am Dienstag in die Affäre eingeschaltet. Volksanwalt Günther Kräuter kündigte in einer Aussendung ein Prüfverfahren an und forderte die Vorlage aller relevanten Unterlagen zu der Causa. "Es ist unerträglich, dass für Esoterik-Hokuspokus 95.000 Euro ausgegeben werden", empörte sich Kräuter.

Auch über "weitere 'energetische Leistungen'" in Einrichtungen der Stadt Wien forderte er Aufklärung. So seien mit Beginn 2000 im Otto-Wagner-Spital, in der KAV-Generaldirektion und in anderen Einrichtungen Metallwellen von "Geo Waves" zur "Stärkung der körpereigenen Energie, zur Steigerung der Raumqualität und zur Harmonisierung von geopathischen Störzonen" montiert worden.

Kritik von Neos und ÖVP

Die Klubobfrau der Wiener Neos, Beate Meinl-Reisinger, forderte in Reaktion auf die Affäre, dass geprüft werden müsse, ob neben den Verantwortlichen, "die den ominösen Auftrag erteilt und unterzeichnet haben", auch das Management des Krankenanstaltenverbunds (KAV) haftbar gemacht werden könne. "Offenbar hat es die KAV-Führung verabsäumt, klare interne Regeln für Direktvergaben außerhalb des Bundesvergabegesetzes zu erlassen", kritisierte Meinl-Reisinger.

Erfreut über die Ansage von Gesundheitsstadträtin Frauenberger, die am Dienstag für die Einsetzung einer Untersuchungskommission plädiert hatte, zeigte sich die Wiener ÖVP. Nun sei es dringend notwendig, das Tempo für eine Reform der U-Kommission zu erhöhen. "Wir brauchen einen Ausbau der Minderheitenrechte analog zur Reform im Nationalrat", forderte Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec einmal mehr.

Für Kritik sorgten die in der "Presse" beschriebenen Reformpläne für den KAV. "Die geplante Umwandlung des KAV in eine Anstalt bedeutet, dass sich die Aktivitäten der parlamentarischen Kontrolle entziehen. Die öffentliche Kontrolle muss jedoch gewährleistet bleiben", so Korosec. Auch der freiheitliche Vizebürgermeister Dominik Nepp befürchtete, dass man die Kontrolle im Aufsichtsrat "ausschließlich aus den eigenen Reihen und somit ohne Opposition organisieren will" und kündigte "starken Widerstand" an.

SPÖ: "Nichts weiter als Spekulation"

Der Klubobmann der Wiener SPÖ, Christian Oxonitsch, beteuerte in einer Aussendung, dass alle Berichte über das neue Gesetz bzw. über die genaue Struktur des KAV "nichts weiter als Spekulation" seien. "Richtig ist, dass mit Hochdruck an einem Gesetz zur Ausgestaltung des Krankenanstaltenverbundes in eine Anstalt öffentlichen Rechts gearbeitet wird", sagte Oxonitsch. Besonders wichtig sei, dass die politische Kontrolle durch den Aufsichtsrat erhalten bleibe, betonte er. Außerdem bleibe das Interpellationsrecht als Kontrollmittel für die Opposition erhalten.

(APA)

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