Die Gefahren des neuen Kreditbooms

Zinskonditionen in Österreich
Zinskonditionen in ÖsterreichQuelle: OeNB - Grafik: "Die Presse"
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Österreichs Banken vergeben so viele Kredite wie schon lange nicht mehr. Hohe Wachstumsraten gibt es nicht nur bei Wohnbaukrediten, sondern auch bei Konsumkrediten.

Wien. Die Milliardenhilfen der Europäischen Zentralbank kommen nun doch bei den Unternehmen an. Wie eine am Dienstag von der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) veröffentlichte Statistik zeigt, bekommen die Firmen derzeit so viele Kredite wie schon lange nicht mehr. Im Dezember 2017 erreichte das Jahreswachstum der an österreichische Firmen vergebenen Kredite mit 4,8 Prozent den höchsten Wert seit Mai 2009. Der Durchschnitt im Euroraum lag bei 3,1 Prozent. Neben Österreich entwickelte sich das Wachstum bei Unternehmenskrediten auch in Frankreich (6,4 Prozent) und Deutschland (4,3 Prozent) überdurchschnittlich. Ganz anders sah die Lage in den Niederlanden (minus 1,5 Prozent), Spanien (minus 0,4 Prozent) und Irland (minus 0,5 Prozent) aus.

In Summe kletterte das Kreditvolumen österreichischer Firmen bei heimischen Banken im Dezember 2017 auf 143 Milliarden Euro. Das ist ein historischer Höchststand. Zusätzlich zu den 143 Milliarden Euro nahmen österreichische Firmen auch 15 Milliarden Euro bei ausländischen Banken auf. Normalerweise läuten bei solchen Zahlen die Alarmglocken. Denn historische Untersuchungen zeigen, dass es vor schweren Finanzkrisen ein besonders starkes Kreditwachstum gegeben hat. Die Nationalbank sieht aber beim jetzigen Kreditboom keinen Anlass zur Sorge.

Wann steigen die Zinsen?

Trotzdem sollten Kreditnehmer aufpassen. Denn es ist davon auszugehen, dass die Europäische Zentralbank in absehbarer Zeit die gegenwärtige Niedrigzinsphase beenden und den Leitzinssatz erhöhen wird.

Nicht nur Firmen, sondern auch immer mehr Privatpersonen haben sich zuletzt verschuldet. Im Dezember 2017 lag die Jahreswachstumsrate bei Krediten, die an private Haushalte vergeben wurden, bei 3,5 Prozent.

Bemerkenswert ist, dass es seit vielen Jahren nicht nur bei Wohnbaukrediten, sondern auch bei Konsumkrediten ein Plus gibt. Konkret vergaben die Banken 2017 um 4,7 Prozent mehr Wohnbaukredite und um 2,5 Prozent mehr Konsumkredite. Im internationalen Vergleich sind Österreichs Konsumenten vorsichtig. Denn im Euroraum wurde bei Konsumkrediten ein Jahreswachstum von 7,1 Prozent verzeichnet. Ein Ausreißer war Spanien mit einem Plus von 16,4 Prozent bei Konsumkrediten. Der Kreditboom hängt mit den historisch niedrigen Zinsen zusammen. Laut Angaben der Nationalbank lag im Vorjahr der Durchschnittszinssatz bei Wohnbaukrediten bei 1,85 Prozent. Bei Konsumkrediten waren es 4,69 Prozent. Weil die Zinsen steigen werden, raten Bankexperten, dass sich Privatpersonen jetzt mit Fixzinsbindungen absichern.

Daher ist seit 2012 der Anteil von neuen Wohnbaukrediten mit einer über zehnjährigen Zinsbindung von zwei Prozent auf derzeit 27 Prozent gestiegen. Die Mehrheit der Österreicher setzt bei Wohnbaukrediten weiterhin auf variable Zinssätze. In Deutschland gehen die Banken und die Kreditnehmer dagegen auf Nummer sicher. Dort werden relativ wenig Wohnbaukredite mit variablen Zinssätzen vergeben.

Für die Sparer sind die niedrigen Zinssätze hingegen schlecht. Angaben der Nationalbank zufolge lag in Österreich der Durchschnittszinssatz für täglich fällige Einlagen zuletzt bei 0,1 Prozent und damit nur geringfügig unter jenem für Einlagen mit einer Bindungsfrist von bis zu einem Jahr (0,2 Prozent). Trotz negativer Realzinsen stieg im Vorjahr das Einlagenvolumen privater Haushalte um 3,4 Prozent auf 244 Milliarden Euro. Davon entfielen 58 Prozent auf täglich fällige Einlagen. (höll)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.03.2018)

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