Digitalsteuer entzweit EU und USA

Die Umsätze von Google und Co. könnten bald von der EU besteuert werden.
Die Umsätze von Google und Co. könnten bald von der EU besteuert werden.REUTERS
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Ein europäischer Plan für die Besteuerung der Internetriesen liegt auf dem Tisch. Von der Kritik aus den USA, man habe es auf Silicon Valley abgesehen, ist man mäßig beeindruckt.

Brüssel. Auf den Tag genau sechs Monate hat es gedauert, bis aus grundsätzlichen Überlegungen der Kommission zur Besteuerung der digitalen Geschäftswelt ein konkreter Gesetzesvorschlag wurde. Und es sieht derzeit so aus, als würde der am Mittwoch von Finanz- und Steuerkommissar Pierre Moscovici vorgestellte zweistufige Plan zur Einführung einer EU-Digitalsteuer im Gegensatz zur ewig verschobenen Finanztransaktionssteuer ziemlich bald Realität werden. Denn mit Ausnahme von Irland und Luxemburg (und, unter Vorbehalten, den Niederlanden) sind alle Mitgliedstaaten von der Notwendigkeit dieser Maßnahme überzeugt. Allen voran die fünf Großen – Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien und Großbritannien – stellen sich klar hinter Moscovicis Vorstoß: „Wir begrüßen die Vorschläge, welche die Europäische Kommission heute veröffentlicht hat“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung der fünf Regierungen. In Ermangelung einer globalen Einigung im Rahmen der G20 oder der OECD sei es nötig, dass Europa vorangehe. „Wir rufen zu konstruktiven Diskussionen im Rahmen des Rates auf, um möglichst schnell zu einer Einigung zu gelangen.“

Verärgerte Amerikaner

In aller Kürze sieht der Kommissionsvorschlag so aus: Als erster Schritt soll eine Steuer auf die digitalen Umsätze von Unternehmen kommen, welche weltweit mindestens 750 Millionen Euro und in der Union mindestens 50 Millionen Euro umsetzen. Umsätze zu besteuern ist problematisch, sagen sie doch nichts über die Gewinnträchtigkeit der besteuerten wirtschaftlichen Tätigkeit aus. Doch solange es keine rechtsverbindliche Definition einer digitalen Betriebsstätte gebe, sei dies die einzige praktikable Möglichkeit, um das geschäftliche Tun von Google, Facebook, AirBnB und schätzungsweise 120 bis 150 weiteren Unternehmen zu erfassen.

Sobald diese digitale Betriebsstätte in Form eines zweiten europäischen Gesetzes kodifiziert ist (und daran arbeitet die Kommission derzeit), solle jeder Mitgliedstaat die Gewinne, welche so ein Digitalkonzern bei ihm erzielt, besteuern können – egal, ob das Unternehmen dort eine physische Niederlassung hat oder aus Steuergründen in Luxemburg (wie im Fall von Amazon) oder Irland (wie es Facebook und Apple tun) residiert. Als Kriterien gelten ein Mindestjahresumsatz im jeweiligen Land von sieben Millionen Euro, mehr als 100.000 Nutzer pro Jahr oder mehr als 3000 Geschäftsaufträge für digitale Dienste.

Die Hälfte der so besteuerten Unternehmen sei amerikanisch, ein Drittel europäisch, sagte Moscovici. Es handle sich aber weder um „eine Steuer auf Google, Amazon, Facebook, AirBnB, noch um eine antiamerikanische Steuer“. Auch sei sein Vorschlag keine Retourkutsche für die Androhung von US-Präsident Donald Trump, noch diese Woche Strafzölle auf Importe aus der EU zu verhängen.

Die Amerikaner sind dennoch verärgert. „Wir finden Umsatzsteuern auf Internetunternehmen nicht fair“, sagte US-Finanzminister Steven Mnuchin am Rande des G20-Finanzministertreffens in Buenos Aires zur „New York Times“. Diese Fragen sollten international gelöst werden.

EU-Chefs sollen Weg klären

Doch dieses Einvernehmen gibt es nicht, sagte Moscovici: „Wir haben keinen Konsens in der OECD. Und wir haben keine Zeit zu verlieren.“ Das sieht man in den meisten Hauptstädten auch so. „Es gibt eine Dringlichkeit, die Dinge gehen so rasch voran, dass manche unserer internationalen Partner finden, es gehe zu schnell“, sagte ein hochrangiger Diplomat eines großen Mitgliedstaates am Mittwoch. Der Europäische Rat wird sich heute, Donnerstag, mit Moscovicis Vorschlag befassen. Bis Juni wollen Europas Staats- und Regierungschefs ihren Finanzministern grünes Licht dafür geben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.03.2018)

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