Der am Donnerstag vom Stiftungsrat abgesegnete Alternativplan für den gemeinsamen ORF-Standort bringt zwar keinen großen Neubau - Ö3, Ö1, FM4 werden aber auf den Küniglberg übersiedeln (müssen). Und es wird neue Richtlinien für Social-Media-Auftritte der ORF-Mitarbeiter geben.
Dass es eine Mühsal werden würde, das teilweise unter Denkmalschutz stehende Gebäude am Küniglberg für die neuen Anforderungen eines trimedial arbeitenden, modernen Medienunternehmens zu rüsten, war von Anfang an klar. Jetzt hat ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz nach monatelangen erfolglosen Bemühungen, die nötige Flächenwidmung für einen umfangreichen Neubau auf dem Gelände des ORF-Zentrums zu bekommen, aufgegeben: Der Stiftungsrat genehmigte am Donnerstag ein Alternativkonzept, wonach alle notwendigen Büros und Studios samt dem geplanten Newsroom im vorhandenen Gebäudekomplex untergebracht werden sollen. Der Beschluss wurde mit deutlicher Mehrheit getroffen: Drei Räte aus dem SPÖ-Freundeskreis enthielten sich der Stimme, drei (von fünf) Betriebsratsvertretern stimmten dagegen.
Die Mitarbeiter wollen nicht an die Peripherie am Küniglberg übersiedeln – doch mit dem Beschluss ist nun definitiv fix, dass Ö3, Ö1 und FM4 auch auf den Küniglberg ziehen werden. ORF-Chef Wrabetz nennt das Projekt jetzt hübsch einen „Campus“. Die Kosten, versprach er, werden gleich hoch bleiben wie ursprünglich geplant (303,7 Millionen Euro sind insgesamt budgetiert), auch die Fertigstellung liegt mit 2021 im ursprünglichen Zeitplan.
Künftig wird nur mehr das Landesstudio Wien im Funkhaus in der Argentinierstraße residieren. Das Gebäude soll in vier Tranchen verkauft werden. Den anderen drei Radiosendern versprach Wrabetz, dass sie auf dem Küniglberg je einen eigenen, ihrer Identität entsprechenden Bereich bekommen werden: Ö1 zieht dort, wo sich derzeit die Zentralwerkstätte befindet, in einen eigenen „Pavillon“. Die Produktions- und Ausstattungshallen werden teilweise abgerissen, an ihrer Stelle wird ein neues Gebäude für Ö3, den Newsroom und die Radio-Information errichtet. Und FM4 wird in einen bestehenden Bürotrakt einziehen.
Im Rahmen der Sitzung versprach Wrabetz auch Änderungen beim Qualitätsmanagement im journalistischen Bereich. Er präsentierte fünf Punkte – unter anderem soll die Frage geklärt werden, was genau ORF-Journalisten auf Plattformen wie Facebook und Twitter posten dürfen.
„New York Times“ als Vorbild
Der „weiteren Steigerung der Glaubwürdigkeit“ dienen soll eine neue Social-Media-Richtlinie, wobei sich Wrabetz internationale Vorbilder ansehen will. In der Sitzung nannte er die „New York Times“ als Beispiel. Deren Richtlinie ist um einiges strenger als das, was bisher für den ORF galt. Bei den Hauptpunkten, die für die Journalisten der „New York Times“ gelten, ist etwa zu lesen, dass die Journalisten bei Posts auf den sozialen Medien keine Parteiinteressen ausdrücken, politische Ansichten bewerben oder angriffige Kommentare machen sollen. Es gibt auch einen Passus, der die ganz praktischen Dinge des Alltags betrifft: Es sollen keine Kundenbeschwerden auf den sozialen Medien gemacht werden. Und ein anderer Punkt: Man solle Gruppen auf Facebook meiden, die parteiliche Interessen haben könnten. In Österreich ist es für Journalisten nicht unüblich, Parteien oder Politikern zu folgen – einfach, um informiert zu sein.
Wrabetz will jene Formulierung verwenden, die jetzt schon vor Wahlen gilt: In sozialen Medien seien „Äußerungen und Kommentare“ zu unterlassen, „die als politische Zustimmung, Ablehnung, Wertung von Äußerungen, Sympathie, Antipathie, Kritik und ,Polemik‘“ gegenüber Parteien oder Kandidaten interpretiert werden könnten. FPÖ-Stiftungsrat Norbert Steger forderte am Donnerstag, dass es im Fall von Verstößen Konsequenzen geben müsse. Wrabetz lehnte das ab – wenn gegen das ORF-Gesetz oder das Gebot der Unabhängigkeit verstoßen werde, dann habe das jetzt schon dienstrechtliche Konsequenzen. (i. w./rowi)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.03.2018)