Der letzte Kreuzritter

Furcht und Elend der BRD: Holt die Piefke da raus!

Deutschland ist wieder ein Sonderfall. Der Kadavergehorsam zeigt sich heute in einer linksliberalen Diskursverwaltung.

Die Deutschen kommen nicht zur Vernunft, das zeigt der Aufstieg von Heiko Maas ins Schaltzentrum der Europapolitik. Maas hat als Justizminister eine Internetzensur durchgesetzt, die von der EU-Justizkommissarin, vom UN-Sonderberichterstatter und von Reporter ohne Grenzen als Einschränkung der Meinungsfreiheit verurteilt wurde. Das Ding heißt Netzwerkdurchsetzungsgesetz. Welch schönes deutsches Wort, abgekürzt: etz-etz-etz.

In seiner Antrittsrede als Außenminister hat Maas nun gesagt: „Ich bin wegen Auschwitz in die Politik gegangen.“ Das klingt stark. Das Problem ist, dass ein solcher Anspruch den demokratischen Widerspruch ersticken könnte. Das Problem ist weiters, dass die deutsche Meinungsfreiheit schon vor etz-etz-etz eingeschränkt war. Am deutlichsten äußert sich das in Kunst und Medien: Die Leipziger Buchmesse verbannt „rechte Verlage“ in eine Quarantäne bei den Toiletten, und der Suhrkamp-Verlag distanziert sich wegen einer Aussage über Einwanderung in die Sozialsysteme von seinem Star Uwe Tellkamp.

Tellkamp sprach unter anderem vom „Gesinnungskorridor der BRD“. Die ARD-Tagesthemen etwa berichten in regierungstreuem Merkel-Narrativ. Das russische Staatsfernsehen macht wenigstens Spaß, das deutsche ist schmallippig, säuerlich, tantig, fad. Im Feuilleton der „FAZ“, das mir einst eine tägliche Offenbarung war, sitzt jetzt eine Redakteurin, die auf Merkel-Kritik des CDU-Konservativen Roland Koch so reagiert: „Dass der Hessenhitler jetzt Merkel das Kanzlern mansplaint.“ Wie soll man da nicht zum Piefke-Hasser werden?

Die Selbstgleichgeschaltung deutscher Medien habe ich selbst erlebt. Etwa als ein öffentlich-rechtlicher Radiosender vor den österreichischen Wahlen einen Beitrag von mir erbat. Die Form war frei, das Honorar gut. Da der Redakteur nicht ahnte, dass ich katholisch und konservativ bin, gab ich ihm das bekannt.

Ich zitiere aus der Dusche von E-Mails, die sich danach über mich ergoss: „Grundlegend und entscheidend für meine Überlegungen sind die unveräußerlichen Menschenrechte (und mit ihnen die Würde eines jeden Menschen), ebenso der Wunsch, Ausgrenzung, Intoleranz, Hass und Verachtung zu überwinden bzw. ein solches Denken zu widerlegen und ihm keinen Raum zu geben. Entscheidend für mich ist der Wunsch, mit diesen Gedanken, dieser Gedankensammlung nicht ausgrenzend, verachtend, polarisierend etc. dazustehen – in diesem Sinne eben auch meine Überzeugung von der Würde eines jeden Menschen, ob christlich oder anders – liberal etwa – fundiert, wie auch immer.“ Zwischen solchen Leitplanken hatte ich noch nie geschrieben. Ich tat eine Nacht lang kein Auge zu.

Deutschland ist wieder ein Sonderfall. Der Kadavergehorsam zeigt sich nicht mehr in Blut und Eisen, sondern in einer linksliberalen Diskursverwaltung, welche Debatten mit Giftvokabeln wie „Generalverdacht“ abwürgt. Damit gefährden die Deutschen ihren Staat, denn die Gegenbewegung kann gehässig, chaotisch, gewalttätig werden.

Ökonomisch vor Kraft strotzend, ist Deutschland mental Europas Sorgenkind. In diesem Geisteszustand sind die Deutschen außerstande, ihre Führungsrolle wahrzunehmen. Etz-etz-etz, von selbst kommen sie nicht zur Vernunft. Holen wir sie da raus!

Martin Leidenfrost, Autor und Europareporter, lebt und arbeitet mit Familieim Burgenland.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.03.2018)

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