Frankreich-Terror: Polizist, der sich gegen Geisel austauschen ließ, stirbt

APA/AFP/ERIC CABANIS
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Der 45-Jährige Gendarm erliegt im Spital seinen Verletzungen. Präsident Macron würdigt ihn als "Helden". Die Polizei findet Notizen mit Hinweis zum Islamischen Staat.

Nach dem Tod eines Polizisten, der sich beim islamistischen Terroranschlag am Freitag gegen Geiseln hatte eintauschen lassen, herrscht in Frankreich große Trauer. "Indem er sein Leben gegeben hat, um die mörderische Eskapade eines jihadistischen Terroristen zu stoppen, ist er als Held gefallen", sagte der französische Präsident Emmanuel Macron am Samstag.

Innenminister Gerard Collomb twitterte: "Frankreich wird niemals sein Heldentum, seine Tapferkeit und sein Opfer vergessen."

Der 45-jährige Arnaud Beltrame, der bei dem Terrorangriff in Südfrankreich am Freitag schwer verletzt worden war, starb in der Nacht zum Samstag. Er hatte sich bei der Geiselnahme in einem Supermarkt im kleinen Ort Trebes freiwillig in die Gewalt des Täters - der dort zuvor schon zwei Menschen getötet hatte - begeben.

Die Gendarmerie erläuterte auf Anfrage, der Mann habe sich bei Verhandlungen mit dem Täter gegen eine Geisel eintauschen lassen. Unklar sei noch, ob die anderen Geiseln zum gleichen Zeitpunkt gehen konnten oder möglicherweise schon kurz vorher - jedenfalls war der Polizist am Ende alleine mit dem Täter im Supermarkt. Er habe sein Leben für die Freiheit der Geiseln gegeben, twitterte die Gendarmerie.

Ermittler finden Sprengsätze in Supermarkt

Der Beamte hatte laut Collomb sein Telefon mit einer offenen Verbindung auf einem Tisch liegen lassen. So hätten die Einsatzkräfte hören können, was sich im Supermarkt abgespielt habe. Der Mann wurde lebensgefährlich verletzt, als der Angreifer unter noch nicht ganz geklärten Umständen auf ihn schoss - daraufhin stürmte die Polizei das Gebäude und erschoss den Terroristen Radouane L. Auch zwei weitere Beamte wurden bei dem Zugriff verletzt.

Bei einer Hausdurchsuchung fanden Ermittler erste Hinweise auf die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Dabei handelt es sich um digitale Datenträger und handschriftliche Aussagen mit Anspielungen auf den. Das Geschriebene würde an ein Testament erinnern, hieß es. Zudem fanden die Polizisten in dem Supermarkt, in dem die Geiselnahme stattfand, drei selbst gemachte Sprengsätze.

Der 25-jährige Attentäter Radouane L. hatte bei mehreren Attacken in der Region Carcassonne auf Menschen geschossen. Mit dem Tod von Beltrame stieg die Anzahl der von ihm getöteten Menschen auf vier. Der Angreifer hatte sich selbst als "Soldat" des IS bezeichnet. Die Terrormiliz hatte die Taten anschließend für sich reklamiert.

Die Ermittler wollen nun die Hintergründe aufklären - insbesondere, ob der Angreifer Mitwisser oder Unterstützer hatte. Auch die Herkunft seiner Waffe soll untersucht werden. Eine Frau aus dem Umfeld des Täters sowie ein minderjähriger Freund von Radouane L. wurden in Polizeigewahrsam genommen.

Angreifer hatte Vorstrafen

Der Angreifer hatte Vorstrafen wegen kleinerer Delikte, auch eine kurze Haftstrafe saß er ab. Die Behörden hatten ihn aber auch seit Jahren wegen möglicher Radikalisierung in einer Datenbank erfasst. 2016 und 2017 wurde er deshalb sogar überprüft - in welcher Form, war zunächst nicht bekannt. Anti-Terror-Staatsanwalt François Molins sagte, dabei hätten sich keine Anzeichen für die Vermutung ergeben, dass der Mann zu einer Terrortat schreiten könnte.

Vor der Supermarkt-Attacke hatte der Mann einige Kilometer entfernt in Carcassonne bereits einen Menschen getötet und einen weiteren schwer verletzt. Anschließend schoss er auf Bereitschaftspolizisten, die gerade vom Joggen in ihre Kaserne zurückkamen, und verletzte einen von ihnen an der Schulter. Danach fuhr er nach Trebes und betrat den Supermarkt.

Staatspräsident Macron versprach den Franzosen seine "absolute Entschlossenheit" für den Kampf gegen den Terrorismus. Frankreich war in den vergangenen Jahren mehrfach Ziel islamistischer Anschläge. Vor allem die schweren Attacken von Paris 2015 und Nizza 2016 hatten das Land schwer erschüttert.

In den vergangenen Monaten war es in Frankreich ruhig geblieben, auch wenn die Behörden regelmäßig vor einer anhaltend hohen Terrorgefahr warnen. Zuletzt hatte im Oktober 2017 ein Angreifer in Marseille zwei Frauen erstochen, auch damals hatte der IS die Tat für sich reklamiert. Macron sagte, die terroristische Bedrohung komme inzwischen vor allem von innen - von Menschen, die sich selbst radikalisiert hätten. Frankreich befinde sich aber nicht mehr in einer solchen Lage wie noch vor zwei oder drei Jahren, als Anschläge in Frankreich vom irakisch-syrischen Kriegsgebiet aus gesteuert worden seien. Dies war nach Darstellung der Ermittler bei den Pariser Terroranschlägen vom 13. November 2015 der Fall.

(APA/dpa)

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