Trump ist noch nicht durchgewitzelt

Postkarte aus dem „Titanic“-Shop.
Postkarte aus dem „Titanic“-Shop.(c) Andrew Renneisen/Titanic
  • Drucken

Geht da noch etwas? Lässt Donald Trump überhaupt noch Raum für Witze? Sagen wir so: Er macht es Satirikern nicht leicht. Als Ausrede gilt das trotzdem nicht. Zum Glück ist das aber die Aufgabe der Amerikaner.

Ist Donald Trump freiwillig oder unfreiwillig komisch? Kann man seine offensichtliche Dreistigkeit noch überspitzen, oder ist er die erste öffentliche Figur, auf die das Unwort „Realsatire“ zutrifft? Was macht man als Komiker mit einem, dessen Ego nach jeder Aufmerksamkeit dürstet, den zu ignorieren aber unmöglich geworden ist? Kann man mit Satire überhaupt etwas erreichen?

Das sind so Fragen! Die allein schon deswegen schwer zu beantworten sind, weil man kaum hinter dem Mann und seinen virtuellen und realen Ausfällen herkommt. Zumindest lässt sich belegen: Witze kann man über ihn machen, viele und erfolgreiche. Mindestens sechs US-Late-Night-Shows zeigen das fast täglich. Und das, obwohl Trump noch vor seiner Präsidentschaftskandidatur als durchgewitzelt galt; allein Scherze über seine Haare können später einmal problemlos mehr Platz in seiner „presidential library“ einnehmen als seine beiden Redemanuskripte.

Stephen Colbert ist der erfolgreichste Moderator unter den Spät-Talkern, er ist es, seit er sich komplett auf Trump eingeschossen hat – und Trumps Gegnern nicht nur gut geschriebene, gut vorgetragene Scherze bietet, sondern auch den „besseren“ Patriotismus. Colbert gibt sich unermüdlich in der Pose des ermüdeten Entlarvers und rettet damit, wie Gäste ihm gern bestätigen, die Hoffnung und den Stolz auf das vermeintlich wahre Amerika. Dass es gleich zwei Institutionen, von denen Colbert lebt, die Politik und das Fernsehen, sind, die Trump als Präsidenten ermöglicht haben, das reflektiert er nicht bzw. kann er nicht reflektieren, denn das würde am eigenen Selbstverständnis rütteln. Alles soll ja Entertainment bleiben.

Alles dient der Aufmerksamkeit. So muss noch die beste Comedy letztlich Kritik an Trumps Ästhetik bleiben, seinem Benehmen und Getue, doch das Ziel verfehlen. Weil sie tun muss, was Trump sich so sehr wünscht, ihm aber gar nicht erst gegönnt werden sollte: wichtig genommen zu werden. Trump als mächtigster Mann der Welt hat mittels seiner Persönlichkeit ein Paradoxon auf die Spitze getrieben, das Satire seit der Postmoderne das Leben so schwer macht: dem Geltungssüchtigen, Aufgeblasenen, das mit dem Internet überall erfolgsversprechend lauert, die Luft abzulassen, ohne es noch wichtiger zu machen und dabei selbst wie ein Relikt zu wirken.

Das wissen auch die gewitzteren unter Trumps Anhängern. Sie nutzen, wie elitär, verkopft und uncool Komik längst wirken kann, wie leicht man auch gegen sie mit dem nur vagen Ausruf „political correctness“ agitieren kann. Dagegen erscheint ihnen Trumps Lächerlichkeit „hilarious“, wie es der Alt-Right-Medienstar Milo Yiannopoulos formulierte. Denn Trump trampelt mit jeder Regung das System kaputt, das nicht wenige US-Amerikaner verachten – weswegen sie Hillary Clinton, die gefühlte Inkarnation von allem, was an Washington verhasst ist, verhindert haben. Trump bietet die Art Identifikation, die Homer Simpson so beliebt gemacht hat, und ver- und zerstört nebenbei das Establishment. Er ist die Fehlbesetzung am richtigen Ort – so etwas muss dem modernen Rechtsradikalen Spaß machen. Erst recht, wenn die reale Politik, die nach den Launen und dem medialen Feuerwerk übrig bleibt, eine rassistische, sexistische und reaktionäre bis gemeingefährliche ist.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.