Analyse. Sind Chinas Attacken auf die Vormachtstellung des US-Dollar ein Mitgrund des Handelsstreits? Am Montag hat Peking zu einem neuen Schlag ausgeholt. Die Einführung des Ölhandels in Yuan ist ein großer Schritt für China.
Die zentrale Stellung des US-Dollar als Leitwährung der Welt gehört zu den wichtigsten Stützen der amerikanischen Wirtschaft. Anders als alle anderen Länder können die USA ihre Importe stets mit Dollar bezahlen. Vor allem der Ölmarkt spielt eine zentrale Rolle. Alle anderen Länder brauchen Dollar um an den lebenswichtigen Rohstoff zu kommen. Genau da hat China am Montag zu einem Schlag ausgeholt. Die Einführung eines auf Yuan (Renminbi) laufenden Öl-Futures in Shanghai ist der bisher größte Angriff Chinas auf die Vormachtstellung des Dollar.
Von nun an gibt es drei Ölpreise: den für das Nordseeöl Brent, jenen für das amerikanische Öl WTI (beide laufen auf Dollar) – und den Yuan-Ölpreis aus Shanghai. Der Handel ist dort auch für internationale Investoren möglich – die von China durch Steuervorteile angelockt werden.
Die Einführung des Terminkontrakts ausgerechnet an diesem Montag sieht auf den ersten Blick wie perfektes Timinig im Handelsstreit mit den USA aus. Aber tatsächlich arbeitet Peking seit mehr als 20 Jahren an diesem Vorhaben. 1993 ist man damit bereits einmal gescheitert. Manche Beobachter führen den Handelsstreit allerdings auch auf Chinas Aktivitäten im Währungsmarkt zurück.
Denn: Jedes in Yuan gehandelte Fass Öl verringert Pekings Bedarf an US-Dollar. China ist aber der wichtigste Gläubiger Washingtons. Eine Rolle, in der sich die chinesische Führung verstärkt unwohlfühlt. Der neue Öl-Future ist nur ein weiterer Schritt auf Chinas langem Weg weg vom Dollar.
Faktor Saudiarabien
So werden die Dollarreserven inzwischen abgebaut. Peking will weniger neue US-Staatsanleihen kaufen. Ein Gold-Fixing in Yuan hat man bereits etabliert. Mit Ländern wie Russland oder dem Iran wird der Handel mit Öl und Gas bereits seit mehreren Jahren in Yuan bzw. Rubel abgewickelt. Es sieht so aus, als würde China den Petrodollar durch einen Petroyuan ersetzen wollen.
Die Voraussetzungen sind da: China hat die Vereinigten Staaten im vergangenen Jahr als wichtigster Ölimporteur abgelöst. Da ist ein Yuan-Ölpreis auch aus der Sicht der eigenen Industrie durchaus sinnvoll. Gleichzeitig stärkt es die Rolle der Landeswährung, wenn andere Länder Yuan statt Dollar für Öl akzeptieren. Dass diese Länder die frischen Yuan dank des Gold-Fixings gleich in das bei Zentralbanken beliebte Edelmetall tauschen können, ist auch nicht schädlich.
Von einer Welt, in der der Yuan die Vormachtstellung des Dollar ernsthaft gefährden kann, sind wir freilich noch weit entfernt. Wichtigstes Zünglein an der Waage ist Saudiarabien. Das Königreich steht unter Druck aus Washington und Peking. Bisher hat Riad dem Dollar die Stange gehalten.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.03.2018)